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Sport: Schattenmann

Zehnkämpfer Schmid gehört zu den Busemann-Opfern

Von Frank Bachner

Berlin. In seinen Anlauf legt Erik Schmid alles rein. Nur das Brett der Weitsprunggrube trifft er nicht optimal. Und auch die Landung ist technisch gesehen nicht völlig mängelfrei. Aber Erik Schmid ist das ziemlich egal. Er greift in den Sand und fängt an zu singen: „Backe, backe Kuchen.“ Zweieinhalb-Jährige können schon sehr schön singen. Und so selbstvergessen. Und daneben steht Stefan Schmid, der Vater, einer der besten Zehnkämpfer in Deutschland, und würde seinen Sohn am liebsten knuddeln.

Nach solchen Szenen beginnt Stefan Schmid wieder zu grübeln. Soll er wirklich seine Karriere beenden? Nach der Saison 2002? So wie er das mal angekündigt hat? „Wenn mir der Kleine beim Training alles nachmacht, und dann da sitzt und singt, dann denke ich schon, dass es noch Spaß macht“, sagt Schmid.

Er ist jetzt 32, er ist bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften in Berlin der große Favorit, er hat eine Bestleistung von 8485 Punkten. Die anderen deutschen Stars sind nicht da, die EM-Teilnehmer oder Frank Busemann, die Lichtgestalt. Busemann ist verletzt. Vielleicht ist es ja wirklich Schmids letzter Zehnkampf. Für die EM hat er sich nicht qualifiziert, weil er verletzt war und zu spät in Form kam. Doch wenn er abtritt, hört einer jener Zehnkämpfer auf, die zu Unrecht viel zu wenig beachtet wurden, weil sie immer im Schatten der ganz Großen waren. Den Schatten für Schmid warf Busemann.

Schmid war 1997 und 2001 jeweils WM-Siebter. 2000 bei Olympia belegte er Rang neun. Aber er ist auch der Zehnkämpfer, der seit vielen Jahren mit zwei Unterbrechungen stets im weiteren Kreis der Weltspitze steht. Und vielleicht wäre Stefan Schmid aus Karlstadt auch einer der ganz Großen in Deutschland geworden, wenn er nicht innerhalb von 14 Monaten viermal am Knie operiert worden wäre und anschließend nicht mal mehr joggen konnte. Da war er 25, und die Verletzung kostete ihn „zwei Wettkampfjahre“.

Gut, andere Athleten sind auch verletzt, das allein ist es nicht. Es spielen auch noch andere Dinge mit, Punkte, die keiner sieht. Stefan Schmid hat in Karlstadt noch nie im Winter in einer Halle trainiert. Es gibt keine dort. Schmid trainiert bei Wind, Regen und Kälte draußen. „Aber wenn Schnee liegt, kann man keinen Stabhochsprung und kein Diskuswerfen üben“, sagt Alfred Maasz, sein Trainer. „Ich habe aus meinen Möglichkeiten“, sagt Schmid, „ziemlich das Optimale herausgeholt.“ Er hätte natürlich zu einem Großverein gehen können, einem mit Halle, aber dafür ist der Franke Schmid zu bodenständig.

In Karlstadt hat er seit wenigen Jahren ein eigenes Fitness- und Rehazentrum, dort ist er selber Patient, und „jetzt, mit 32 Jahren habe ich eine bessere Physiotherapie als mit 25“. Er hatte schon mal aufgehört, freiwillig, 1998 nach der EM. Ein Jahr lang. Er fühlte sich müde er spürte kein Feuer mehr in sich. 1999, beim Urlaub am Gardasee, kam es wieder, das Feuer.. Und Schmid wurde nach nur acht Wochen Training Deutscher Vizemeister mit 7981 Punkten. Vor allem durfte er 2000 zu Olympia, das war das Wichtigste.

Und jetzt? Nach Berlin, nach der Deutschen Meisterschaft, forscht er, ob noch genügend Feuer da ist. Ach, wenn Erik mit zum Training geht, dürfte die Antwort nicht so schwer fallen.

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