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Hertha-Stuttgart

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Schiedsrichter-Fehlentscheidungen: Hertha schickt Protestbrief an den DFB

Berechtigte Beschwerde oder schlechte Verlierer? Bundesliga-Schlusslicht Hertha BSC wehrt sich nun mit einem Protestbrief gegen vermeintliche Benachteiligungen durch die Schiedsrichter.

Es ist nicht ganz einfach, das Schreiben genau zu klassifizieren, das gestern aus der Geschäftsstelle von Hertha BSC auf den Weg zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) gebracht wurde. Um einen Protest im eigentlichen Sinne handelt es sich jedenfalls nicht - weil Hertha nicht protestiert gegen die Wertung der Niederlage gegen den VfB Stuttgart und das ohnehin aussichtslos wäre. "Die Punkte sind weg, das sind ja Tatsachenentscheidungen", sagte Manager Michael Preetz. Aber alles einfach so hinnehmen, das wollen die Berliner offensichtlich auch nicht mehr. Das Schreiben ist wohl am ehesten als eine Art Ventil zu verstehen. Bei Hertha hat sich zuletzt eine Menge Wut angestaut, die nun irgendwie kontrolliert entweichen muss.

"Wir suchen die Schuld für unsere Tabellensituation ganz bestimmt nicht bei anderen", sagte Preetz. "Aber jetzt reicht es." Die Berliner fühlen sich im Abstiegskampf systematisch benachteiligt, in mindestens vier Fällen sei fälschlicherweise gegen sie entschieden worden, heißt es in einer Erklärung des Vereins. Bei Michael Preetz waren es die Entscheidungen vom vergangenen Samstag, die ihm endgültig den Rest gegeben haben. Die Fehlentscheidungen gegen Hertha "sind inzwischen schon zur Regel geworden", sagte er. Allein in den vergangenen drei Heimspielen gegen Nürnberg (1:2), Dortmund (0:0) und Stuttgart (0:1) seien der Mannschaft acht Punkte genommen worden. Zur besseren Dokumentation legte Hertha dem Beschwerde- und Protestbrief eine DVD mit den beanstandeten Szenen bei. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagte auch Trainer Friedhelm Funkel. "Bisher habe ich stets gesagt, dass sich so etwas im Laufe der Saison ausgleicht. Bei Hertha geht es aber immer nur in eine Richtung."

Ganz konkret entzündete sich der Zorn der Berliner am Wochenende an einer falschen Abseitsentscheidung gegen ihren Stürmer Theofanis Gekas und einem nicht geahndeten Handspiel von Serdar Tasci im Stuttgarter Strafraum. "Für alle im Stadion ist das ein Elfmeter", sagte Preetz, "nur für Herrn Weiner nicht." Michael Weiner, der Schiedsrichter, kommt aus Giesen in der Nähe von Hannover, sein Assistent Thomas Frank, der Gekas beim Stand von 0:0 fälschlicherweise im Abseits gesehen hatte, sogar aus Hannover selbst. Kein Wunder, dass viele Hertha-Fans eine Verschwörung wittern. Hannover 96 ist einer der Konkurrenten im Abstiegskampf, belegt derzeit mit fünf Punkten Vorsprung auf Hertha den Relegationsplatz. An solchen Theorien will sich Preetz nicht beteiligen, aber: Die Ansetzung Weiners und Franks als Unparteiische sei "mehr als fragwürdig", ja "schlichtweg falsch" gewesen.

Mit den Schiedsrichtern in den beiden Heimspielen zuvor hat Hertha schon fast traditionell Probleme. Die Ansetzung Knut Kirchers für die Partie gegen den 1. FC Nürnberg sei "eine Unverschämtheit" gewesen, schimpfte Preetz. In der Woche vor dem Spiel hatte er deshalb beim DFB interveniert - vergebens. Nach dem Schlusspfiff fühlte sich Herthas Manager in seiner Skepsis gegen den Schiedsrichter bestätigt: Er beschuldigte Kircher, Hertha einen Elfmeter verwehrt zu haben und ein Foul vor dem Nürnberger Ausgleichstor nicht geahndet zu haben.

Lutz Wagner, der zwei Wochen darauf das Heimspiel der Berliner gegen Dortmund leitete, war bei Hertha schon von Preetz' Vorgänger Dieter Hoeneß zur unerwünschten Person erklärt worden. Gegen den BVB verweigerte er den Berlinern ein regelkonformes Tor, später entschuldigte er sich öffentlich. "Vielleicht entschuldigt sich Herr Weiner ja auch demnächst", ätzte Preetz am Samstag.

Viel lieber wäre es den Berlinern, wenn die Schiedsrichter demnächst keinen Grund mehr hätten, nachträglich ihre Fehler einzugestehen. Auch deshalb bekommen DFB und DFL nun den Brief aus Berlin. Dieser solle dokumentieren, "dass da einige Dinge mehr als unglücklich gelaufen sind", sagte Preetz. "Wir wollen das Bewusstsein dafür schärfen, mehr Fingerspitzengefühl walten zu lassen bei den Schiedsrichteransetzungen der letzten vier Spieltage." Die Frage ist, ob sich noch genügend Kandidaten finden, die Hertha genehm wären.

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