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Sport: Schnelles Gelb

Was den Sprintern am Anfang der Tour wichtig ist

Berlin - Zurückhaltung ist nicht unbedingt das Lieblingswort des Mario Cipollini. Der Radprofi aus Italien hat schon immer alles dafür getan, um nicht im großen Teilnehmerfeld der Tour de France zu verschwinden. Wenn der selbst ernannte „König der Löwen“ bei der Tour das Gelbe Trikot erobert hat, dann wird bei ihm alles gelb: Fahrrad, Schuhe, Socken und Handschuhe. Gleich zum Anfang dieser Tour bekam Cipollini 200 Euro Strafe aufgebrummt, weil er sich die Hosenbeine abschnitt und in eigenwilliger Kluft den Prolog bestritt. Wohlgemerkt: Derartiges passiert nur in den ersten Tagen der Tour. Sobald es in die Berge geht, steigt Cipollini aus. Der Italiener war sieben Mal bei der Tour dabei, in Paris angekommen ist er noch nie.

Ein Schönheitsfehler war das bislang für Cipollini – trotz aller Kritik an seiner Taktik. Er ist wieder bei der Tour dabei, nachdem er bekundet hat, dass er das Ziel in Paris erreichen will. Das glaubt dem zwölffachen Etappensieger bei der Frankreich-Rundfahrt nicht jeder. Cipollini ist es egal, denn der Wille zur Auffälligkeit hat seinen guten Preis. Selbst mit 37 Jahren ist er mit einem Jahresverdienst von 750 000 Euro noch einer der Topverdiener der Branche.

Cipollini ist der typische Fahrer für die Tour der ersten Tage: Bevor es in die Berge geht, kommen die Sprinter zum Zuge. Sie streiten sich auch um Gelbe Trikot und nicht nur um das Grüne Trikot des stärksten Sprinters. Gelb gibt Rummel, Fernsehminuten und auch Ruhm und Geld. Die Favoriten auf den Gesamtsieg schonen dagegen auf den Flachetappen noch ihre Kräfte für den entscheidenden Teil der Tour in den Pyrenäen und den Alpen. Das Fahrerfeld lässt während einer Etappe schon mal ein paar Fahrer ziehen. Solange es sich um Ausreißer handelt, die keine Chance auf den Gesamtsieg haben. Im Regelfall wird solcher kraftraubender Einsatz nicht belohnt: Oft werden diese Fahrer vor dem Ziel wieder eingeholt, so war es auch gestern bei der ersten Etappe. Dann schlägt der Moment der Sprinter, die sich auch schon auf der Strecke um die Sprintwertungen streiten, wo Zeitgutschriften bis zu sechs Sekunden für das Gesamtklassement zu gewinnen sind – bis zur neunten Etappe, der letzten vor den Bergen, gibt es davon drei. Ein Etappensieger bekommt auf Flachstücken 20 Sekunden gutgeschrieben, der Zweite zwölf, der Dritte acht.

Danilo Hondo hofft sogar, „bei den Sprintankünften durch Zeitbonifikationen ins Gelbe Trikot zu schlüpfen.“ Das wäre gut für den 30-jährigen Deutschen und gut für sein Team Gerolsteiner, das erst zum zweiten Mal bei der Tour dabei ist und sich über werbewirksame Auftritte im Gelben Trikot freuen würde. In den Bergen gibt es nur noch zwei Sprintwertungen pro Etappe – dann allerdings sind von den Sprintern im Normalfall nur noch Fahrer wie Erik Zabel oder Robin McEwen dabei, Fahrer, die das Grüne Trikot bei der Zielankunft in Paris gewinnen wollen – im Vorjahr war das McEwen. Sprinter vom Schlage Cipollinis oder seines Landsmanns Alessandro Petacchi sind dann meist schon mit der Urlaubsplanung beschäftigt.

Petacchi gilt als der Nachfolger von Mario Cipollini. Vergangene Tour gelangen dem 30-Jährigen vier Etappensiege und die Fahrt ins Grüne Trikot. Als die Berge kamen, gab er auf. Er will auch diesmal in den ersten Tagen triumphieren, womöglich zu Ungunsten seines Teamkollegen Fabian Cancellara, dem ersten Fahrer in Gelb bei dieser Tour. Der Schweizer weiß, dass er sich trotz Gelben Trikots in seinem Team Fassa Bortolo nun für einen anderen anstrengen muss: „Wir haben mit Petacchi einen Mann, der in den nächsten Tagen gewinnen soll.“ Und so viel Zeit hat Petacchi fürs Gewinnen ja nicht mehr, schon bei der zehnten Etappe geht es bergauf.

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