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Wackliger Stoß. David Storl musste zittern, ehe sein bester Versuch gültig war. Foto: dpa

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Sport: Schönen Dank an den Fotografen

Kugelstoßer David Storl gewinnt das dritte WM-Gold für Deutschland – aber erst nach einem Einspruch.

Moskau - Für ein paar Minuten sah es danach aus, als bekäme die Leichtathletik in Moskau ein Déjà-vu-Erlebnis der negativen Art geboten. Ein Jahr ist es her, dass bei Olympia in London die Kampfrichter für ein Chaos sorgten, an dessen Ende Hammerwerferin Betty Heidler dann doch noch die verdiente Bronzemedaille erhielt. Zu einer solchen stundenlangen Hänge- und Zitterpartie sollte es im Luschniki-Stadion aber nicht kommen. Denn Kugelstoßer David Storl reagierte gedankenschnell auf die Rote Fahne des Kampfrichters und intervenierte erfolgreich dagegen, dass sein vierter Versuch ungültig gegeben wurde. Nach kurzer Irritation leuchtete die Marke von 21,72 Metern auf der Anzeigetafel auf. Es sollte die Weite sein, mit der der Chemnitzer seine Goldmedaille von Daegu verteidigte.

Es war das dritte deutsche WM-Gold in Moskau nach den Medaillen des Stabhochspringers Raphael Holzdeppe und Diskuswerfers Robert Harting.

Storl hatte alles reingelegt in diesen mächtigen Stoß. Kaum dass die Kugel seine Hand verlassen hatte, riss er auch schon die Arme in die Höhe. „Das merkt man sofort“, sagte der Sachse. Doch dann wurde der Versuch ungültig gegeben, er habe mit seinem Fuß den Balken berührt. Storl ging sofort auf den Fotografen an der Anlage zu. Der Agenturmitarbeiter zückte seine Kamera und spielte Storl die Aufnahmen vor, die eindeutig belegten, dass alles im Rahmen des Erlaubten geblieben war. Storl, der zuvor schon auf das Messen der Weite bestanden hatte, beantragte den Videobeweis beim Kampfgericht.

Gold war damit gesichert, eine Farce verhindert. Was folgte, war ein Anflug von Karneval in Moskau. Als die Kugel des Topfavoriten Ryan Whiting nach dem letzten Versuch kurz hinter der 21-Meter-Marke eingeschlagen war, lief David Storl schnurstracks zu den deutschen Fans. Er schnappte sich die Fahne und setzte sich einen Hut in schwarz-rot-goldenen Farben auf den Kopf. Danach ging er auf den Fotografen zu und drückte ihn an seine Brust. „Vielleicht werde ich ihn ja noch auf ein Bier einladen“, sagte Storl, der für den Sieg eine Prämie von 60 000 Dollar erhält. Der Kugelstoßer betonte: „Ich hätte aber auch ohne Bilder die Kampfrichter überzeugt, dass sie das Video angucken müssen.“

Storl hat an Format und Persönlichkeit gewonnen, seit der 23-Jährige vor zwei Jahren in Daegu bei seinem WM-Debüt gleich Gold gewann. Vor einem Jahr in London musste er sich mit Silber zufrieden geben, weil ihm trotz Bestleistung von 21,86 Metern drei Zentimeter auf Gold fehlten. Diese Marke wollte er in Moskau übertreffen, sogar auf 22 Meter hatte er wegen seiner Trainingsleistungen gehofft. Zufrieden war Storl nach einer eher holprigen Saison gleichwohl: „Ich bin schon stolz auf mich, dass ich 21 hoch gestoßen habe.“

In der Qualifikation hatte er sich noch zurückgehalten. 20,71 reichten dennoch für den Einzug ins Finale. Storl begann den Wettkampf mit Saisonbestleistung von 21,19 Metern, Favorit Whiting legte dagegen gleich 21,57 Meter vor. Danach konnte der US-Amerikaner nicht mehr mithalten. „Ich habe schon gehofft, dass er noch weiter stößt“, sagte Storl. Denn Gegenwehr motiviere ihn. Reinhard Sogl

Reinhard Sogl

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