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Sport: Schrei der Hoffnung

Rostock glaubt wieder an den Klassenerhalt

Frank Engel dürfte in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag von seinem Chef geträumt haben. Zwei Sessel standen in der AWD-Arena für das Rostocker Trainer-Gespann bereit. Während Engel Platz nahm, tigerte Jörg Berger 90 Minuten ununterbrochen durch die Coaching-Zone. Tauchte unvermittelt mal rechts, mal links im Rücken seines Assistenten auf. Diskutierte mit ihm. Und setzte dann seinen Rundgang fort. Als sich Ronald Maul und Delano Hill nach 93 Minuten wie kleine Kinder auf dem Rasen balgten und Torwart Mathias Schober Uwe Möhrle herzte, hatte die Wanderung Jörg Bergers ein vorläufiges Ende gefunden. Freundlich winkend stand er da, wo Trainer am liebsten stehen – vor einem Block jubelnder Fans.

Zehn Spiele hat Berger für den ersten Sieg an der Ostsee gebraucht. Noch länger dauerte die sieglose Phase für die Fans des FC Hansa: 140 Tage. 15 Bundesliga-Spiele. Fast fünf Monate seit dem 10. Oktober 2004. Entsprechend aufgekratzt waren die etwa 1000 mitgereisten Anhänger, die vor zwei Wochen in Wolfsburg noch den Mannschaftsbus blockiert hatten. Jetzt sangen sie, tanzten, feierten sich, vor allem aber die Mannschaft.

Das Auslaufen der Kicker von der Ostsee mutierte zum Schaulaufen. „Die Stimmung ist so, wie vor ein paar Jahren, als wir den Klassenerhalt perfekt gemacht haben“, sagte Klubchef Manfred Wimmer. „Wir haben gewonnen“, sagte Kapitän Schober, „ich wusste schon gar nicht mehr, wie sich das anfühlt.“

Auch wenn Wimmer, Schober und auch Berger warnten, dieser Sieg sei nur ein kleiner Schritt auf dem Weg in Richtung Klassenerhalt, es war ein hochgradig emotionaler Abend. Mit seinem Kopfball-Treffer hatte Rade Prica Freude in die Gesichter der zuletzt hart kritisierten Hansa-Profis zurückgezaubert. „Endlich, endlich“, jubelte Marcus Lantz, als er durch den Spielertunnel Richtung Kabine stapfte. „Das könnte der Befreiungsschlag gewesen sein, der die Köpfe der Spieler frei macht“, meinte Wimmer.

Dabei hätten die Rostocker gar nicht bis zum Schlusspfiff zittern müssen. Denn sie spielten die beste erste Halbzeit seit Monaten. Hannover fand nie ein Mittel gegen das aggressive Pressing der Rostocker, die sich viele Chancen erspielten. Allein Rade Prica hätte bis zur Pause das Spiel entscheiden können. „Ich mache immer die schweren Bälle rein, die einfachen nicht“, sagte der schwedische Stürmer. Die Mannschaft habe eine Reaktion gezeigt, meinte Mathias Schober hinterher. Jeder habe den anderen durch Kommandos unterstützt. „Solche Dinge machen es jedem Einzelnen leichter, gut Fußball zu spielen“, sagte der Kapitän.

„Dieser Sieg darf nicht zu spät gekommen sein“, sagte Wimmer nach dem Abpfiff. Torwarttrainer Perry Bräutigam verwies auf die Saison 98/99. Damals hatte Hansa mit ihm im Tor am 24. Spieltag gegen Bremen gewonnen, dann eine Aufholjagd gestartet und den Klassenerhalt geschafft.

Jens Baum[Rostock]

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