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© epa efe

Segeln: Nur eine Brise kann noch helfen

Vor der zweiten Wettfahrt um den America’s Cup scheint das amerkanische Team von BMW Oracle unschlagbar zu sein.

Das Lächeln des Triumphes, das Russell Coutts, Chef von BMW Oracle, noch gezeigt hatte, als er an Land ging, war verschwunden. Nun saß der dreimalige America’s-Cup-Sieger vor der versammelten Weltpresse und antwortete stoisch und schmallippig auf die Fragen, die zu ergründen suchten, wie es dem US-Team gelungen war, dem Schweizer Titelverteidiger im ersten Rennen des 33. America’s Cup förmlich davonzufliegen. Nach einem Rückstand von 660 Metern auf dem ersten Schenkel war der US-Trimaran mit einem gewaltigen Vorsprung von 15,28 Minuten fast vier Kilometer vor den Schweizern ins Ziel gesegelt. „Ja, wir sind gut gesegelt“, sagte Coutts, der selbst nicht an Bord der USA 17 war, und versuchte den Sensationsflug seines Teams verbal auszubremsen. „Aber Alinghi ist ein starkes Team, noch haben wir nicht gewonnen.“ Der Neuseeländer kennt den America’s Cup. Und er weiß, wie schnell sich das Bild im zweiten Rennen in der „Best of Three“-Serie zu Gunsten Alinghis verändern könnte.

Daran aber will in Valencia niemand mehr so richtig glauben. Das Team des Milliardärs Ernesto Bertarelli, der persönlich am Steuer seines 100 Millionen Euro teuren Katamarans gestanden hatte und zumindest beim Start eine gute Leistung gezeigt hatte, soll am Boden zerstört gewesen sein. Mit einem derart gewaltigen Leistungsunterschied, wie ihn das erste Duell offenbart hat, konnte niemand rechnen. Beide Mehrrümpfer sind von den weltbesten Designern erdacht worden. Sie weisen zwar sehr unterschiedliche, aber jeweils gute Lösungen für die Aufgabe vor, das schnellste Boot mit einer Wasserlänge von 90 Fuß zu bauen. Am Freitag war dies die USA 17, die mit Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 28 Knoten über den Kurs schoss. Und das bei anfänglich schwachen Winden von rund fünf Knoten.

Es war spekuliert worden, dass derartige Windbedingungen eher ein Vorteil für die Alinghi 5 sein würden. Wie sich aber zeigte, verfügt der US-Trimaran über die Fähigkeit, sehr effizient und schnell zu beschleunigen. „Sie sind extrem hoch und schnell gesegelt“, sagt der deutsche Profisegler Tim Kröger. „Der Anstellwinkel zum Wind war nahezu optimal.“ Die entscheidende Waffe der Amerikaner scheint das Flügel-Segel zu sein, das sich via Motoren und Hydraulik im Gegensatz zu einem herkömmlichen weichen Segel, wie es von Alinghi benutzt wird, blitzschnell auf jede neue Windbewegung einstellen lässt. Ein weiterer Grund für den US-Erfolg ist der australische Steuermann James Spithill, der den Trimaran sehr souverän und konstant über den 40 Seemeilen langen Kurs steuerte, während Alinghi selbst am Vorwind-Kurs die ganze Zeit hin und her tingelte, um die richtige Linie zu finden.

„Wir haben das Boot härter gepusht als jemals zuvor“, sagte Spithill. „Das Boot ging wirklich ab. Und ich war sehr überrascht, dass wir auch am Wind sehr schnell waren.“ Gleichzeitig räumte er aber ein, dass die maximale Leistungsfähigkeit für sein Team noch nicht erreicht sei: „Auch wir konnten heute einiges lernen und wir haben eine ganze Liste, die wir bis zum nächsten Rennen verbessern wollen.“ Im Moment scheint es, als könne das US-Team nur durch einen Materialschaden gestoppt werden.

Alinghi-Chef Bertarelli ließ nicht durchblicken, inwieweit er Boot und Team optimieren wolle, um die drohende Niederlage abzuwenden. Die Möglichkeiten sind in jedem Fall sehr begrenzt. Der Schweizer Titelverteidiger kann wohl nur hoffen, dass die Winde noch seichter werden. Bei Winden um die drei, vier Knoten hat Alinghi eventuell noch eine Chance. Für das Duell, das am heutigen Sonntag um 10 Uhr gestartet werden soll und über einen dreischenkeligen 39 Seemeilen-Kurs führt, werden Winde in dieser Stärke erwartet. An einen Sieg scheint aber auch Bertarelli nicht mehr wirklich zu glauben. Auf die Frage, wie er die Amerikaner doch noch schlagen wolle, sagte der 45-Jährige: „Wir werden heute erstmal ein kühles Bier trinken, dann schlafen, uns dann im Team beraten. Aber ein Flügel-Segel werden wir wohl kaum noch bauen können.“

Ingo Petz[Valencia]

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