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Als erster Athlet mit Beeinträchtigung landete Trevor Kennison bei den X Games den spektakulären „Big Air Jump“.

© HIGHLIGHTS | X Games Aspen 2022

Der querschnittgelähmte Extremsportler Trevor Kennison: Seht her, ich lebe meinen Traum

Vor acht Jahren brach sich der US-Amerikaner Trevor Kennison bei einem Snowboard-Unfall den Rücken. Heute springt er von meterhohen Klippen in die Tiefe. Und zwar im Sitzen.

Von Mona Alker

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Trevor Kennison ist querschnittgelähmt. Er kann seine Beine nicht bewegen. Trotzdem zählt der US-Amerikaner zu den waghalsigsten Extremsportlern der USA. Die Berge sind Kennisons Zuhause. Dort rast er die Skipisten hinab, katapultiert sich über Schanzen und macht spektakuläre Saltos. Er pflügt sich durch den Pulverschnee, jagt zwischen Felsen hindurch, springt von meterhohen Klippen in die Tiefe. Und zwar im Sitzen.

Grund für die Lähmung des US-Amerikaners ist ein Unfall im Jahr 2014 beim Snowboarden. Mit Freunden wollte Kennison damals Stunts von einer Rampe üben, doch er erwischte den Absprung nicht richtig. Der damals 22-Jährige landete auf dem Rücken, brach sich zwei Wirbel und verletzte sich am Rückenmark.

„Mein Körper sagte mir: Komm schon, steht auf! Aber ich habe nur an mir heruntergeschaut – und konnte nicht aufstehen.“ Im ersten Moment habe er gedacht, dass er sich die Hüfte gebrochen haben könnte. „Aber als ich meine Füße ansah, wusste ich direkt, dass ich gelähmt bin.“ Kennisons Rettung zögerte sich endlos hinaus. Der Ort zum Snowboarden war abgelegen, die Wetterbedingungen schlecht. Es dauerte Stunden, bis die Sanitäter zu Kennison durchdringen konnten, der im eiskalten Schnee lag. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich es noch von diesem Berg runter schaffe“, sagte Kennison später. 

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Kennison wurde schwer depressiv

Doch er schaffte es. Und er schaffte noch viel mehr. Die Ärzte sagten ihm, die Schäden seien so groß, dass er sich nie wieder richtig bewegen könne. Kennison belehrte sie eines Besseren. Er kämpfte für seine Unabhängigkeit und überlegte: „Wie kann ich ein Spiel daraus machen?“ Allein im Bad klarkommen, Autofahren, sich selbst vom Boden in den Rollstuhl hieven. Kennison stellte sich selbst eine Aufgabe nach der nächsten. Er machte immer weiter und weiter und weiter. Mit Erfolg. „Ich würde sagen, ich bin ein sehr positiver Mensch, immer mit einem Lächeln auf den Lippen“, erzählt er später entspannt im Interview. 

Doch nach den Wochen in der Klinik ist der Weg zurück in den Alltag damals eine riesige Herausforderung. Kennison wurde schwer depressiv. Bis seine Schwester irgendwann vorschlug: Wie wäre es denn mit Monoskifahren? „Ich hüpfte in den Schlitten, und ich konnte auf dem Berg überall hin. Ich fühlte mich frei und wusste: Das ist genau das, was ich für den Rest meines Lebens tun will.“ Das Skifahren habe die Qualität seines Lebens gerettet, geistig und körperlich.  

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Kennison stammt aus Keene, einer kleinen Stadt im Staat New Hampshire an der Ostküste der USA. Schon als kleiner Junge war er sportbegeistert – wie seine gesamte Familie. Seine Eltern nahmen an Marathonläufen teil, während er und seine Schwester sich vor allem für Fußball und Schwimmen interessierten. Irgendwann probierte Kennison das Snowboarden aus – und war davon so begeistert, dass er deswegen nach der Highschool nach Colorado umzog. 

Heute ist Kennison ein Phänomen. Fast 74.000 Leute folgen ihm auf Instagram, über 50.000 Leuten gefallen seine Videos auf TikTok. Permanent mischt er die Freestyle-Szene auf, stellt nicht-behinderte Athletinnen und Athleten mit seinen Leistungen in den Schatten. Im Januar trat er bei den X Games an, die als größtes Extremsportevent der Welt gelten. Als erster Athlet mit Beeinträchtigung landete er in Aspen den spektakulären „Big Air Jump“, bei dem die Ski- und Snowboardfahrer mit hoher Geschwindigkeit auf eine Sprungschanze zufahren, um sich dann hoch in die Luft zu katapultieren. Die Sprünge sind 20 bis 30 Meter weit. 

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Sein folgenschwerer Sturz aus dem Jahr 2014 scheint Kennison kaum zu hemmen. Er braucht die Geschwindigkeit, die Höhe, das Außergewöhnliche. Immer wieder wagt er Dinge, die vor ihm noch niemand gewagt hat. Beim Sportevent „Kings and Queens of Corbet“ im Jahr 2019 war das ebenfalls der Fall, als er mit seinem Monoski mehrere Meter von einem berüchtigten Felsvorsprung in die Tiefe sprang. Spätestens damit weckte er das Interesse von Sponsoren. Kennison zeigte allen: Seht her, ich lebe meinen Traum, und ich kann das professionell aufziehen. 

„Alles, was ich mache, ist ein kalkuliertes Risiko“, berichtet Kennison. Vor großen Sprüngen visualisiert er vorher im Kopf, wie er den Sprung perfekt landet. „Ich könnte in meinem Haus in meinem Rollstuhl sitzen oder mein Leben leben. Ich werde mein Leben leben. Das ist das, wofür ich geboren wurde.“

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