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Auftritt eines Komikers. Joseph Blatter musste nur zu Beginn des Fifa-Kongress Häme über sich ergehen lassen, als der Brite den Präsidenten des Fußball Welt-Verbandes mit Geldscheinen bewarf.

© Reuters/Wiegmann

Update

Wahl zum Fifa-Präsidenten erst 2016: Sepp Blatter setzt sich durch, Michel Platini wirbt im Hintergrund

Michel Platini überlässt Joseph Blatter die Show und organisiert im Hintergrund seine Wahl zum Fifa-Präsidenten. Weiterhin bedeckt hält sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach - er wird als neuer Uefa-Präsident gehandelt.

Von Johannes Nedo

Alles war bereit für Joseph Blatters großen Auftritt. Lächelnd und mit wippenden Schritten betrat der Fifa-Präsident das Auditorium des Welt-Fußballverbands in Zürich. Doch als er sich auf das Podium gesetzt hatte, trat jemand anderes ins Rampenlicht. Der britische Komiker Simon Brodkin warf ein Bündel Geldscheine empor und ließ sie über Blatter herunterregnen. Der Schweizer war geschockt. Er musste sich berappeln. „Wir müssen das erst einmal sauber machen“, sagte er und verschwand kurz.

Als Blatter wieder auftauchte, strotzte er aber wieder vor Selbstbewusstsein und Souveränität. Er berichtete, wie er soeben per Gebet mit seiner verstorbenen Mutter gesprochen habe und sie ihm sagte: „Dieser Mensch habe einfach keine gute Erziehung genossen.“ Nun war er gewiss, dass er die Bühne ganz für sich hatte.

Der Fifa-Kongress verlief nach dem Geschmack von Joseph Blatter

Jetzt konnte Blatter seinen Triumph voll auskosten. Denn bis auf den Auftritt des Komikers war der Montag genau nach seinem Geschmack verlaufen. Viele im Umfeld der Fußballverbände hatten diesen Tag als Machtprobe ausgerufen. Als großes Aufeinandertreffen Blatters mit seinen Widersachern aus Europa, allen voran Uefa-Präsident Michel Platini und DFB-Chef Wolfgang Niersbach. Beide hatten zuvor getönt, der Wahl-Kongress müsse so schnell wie möglich stattfinden, am besten noch im Dezember. So schnell wie möglich müssten neue Köpfe neue Reformen einleiten. Blatter aber warb stets dafür, sich Zeit zu lassen. Und wer setzte sich am Montag nun durch? Blatter. Der außerordentliche Fifa-Kongress wird am 26. Februar in Zürich stattfinden. Viel Zeit also, alles nach seinem Gusto zu gestalten.

Wolfgang Niersbach: Michel Platini "ein geeigneter Kandidat"

Seinen Gegnern blieb nur die Nebenrolle. Niersbach trat vor der Fifa-Zentrale kurz vor die versammelten deutschen Journalisten. „Man kann es auf den ersten Blick als Niederlage werten“, sagte der 64-Jährige im Bezug auf den späten Kongresstermin. Ende Dezember sei die erste Option gewesen, doch da findet die Klub-WM in Japan statt, deswegen seien die Asiaten dagegen gewesen. Dann sei der 15. Januar im Gespräch gewesen, doch das überschneidet sich mit einem Turnier in Afrika. Also blieb nur der 26. Februar. „Ich spreche von keiner Schlappe. Das ist ein Beweis, dass man bei der Fifa Mehrheiten braucht“, betonte Niersbach und bemühte sich, den Fokus davon wegzuschieben – und brachte stattdessen seinen Freund Michel Platini für Blatters Nachfolge in Stellung. „Er ist ein geeigneter Kandidat. Ob er den Schritt macht, ist seine ureigene Entscheidung.“

Platini wurde offenbar von zahlreichen Verbänden gebeten, für den Posten als Fifa-Präsident zu kandidieren. In den vergangenen Wochen hatte der Franzose seine Chancen ausgelotet. Er traf sich mit vielen Chefs von Verbänden und Konföderationen. Auch am Montag unterhielt sich der frühere Profi noch lange im Fifa-Foyer mit dem mächtigen Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah aus Kuwait, der die Stimmen Asiens beschaffen könnte. Den Journalisten ließ der 60-Jährige über seinen Sprecher einige Zitate ausrichten. Er freue sich auf eine neue Führung, ließ er verlauten. Schließlich könne mit dem Kongresstermin nun der Wahlkampf beginnen.

Niersbach neuer Uefa-Präsident? - "Stand heute kein Kandidat"

Laut Tagesspiegel-Quellen wird Platini seine Kandidatur in den nächsten Wochen bekannt geben. Und weil er offenbar mindestens den Rückhalt aus Europa, Nord- und Südamerika sowie Ozeanien sicher hat, würde er als Favorit in die Wahl gehen. Der wohl zukünftig starke Mann bei der Fifa überließ am Montag also die große Bühne Blatter, wohl wissend, dass er sie bald übernehmen kann. Und wenn Platini von der Uefa zur Fifa aufrückt, hätte Niersbach gute Aussichten, dessen Posten als Präsident des europäischen Verbands zu übernehmen. Der DFB-Chef kommentierte das jedoch zurückhaltend: „Stand heute bin ich kein Kandidat, ob sich daran etwas ändert, kann ich nicht sagen.“

Zu all den Wahlgerüchten hatte Blatter nur einen Satz übrig: „Ich wünsche allen Kandidaten viel Glück, auch Michel Platini.“ Mehr sagte er nicht zu seinem möglichen Nachfolger. Auch damit zeigte er: Noch bin ich der Chef. Der 79-Jährige betonte in dieser denkwürdigen Pressekonferenz lieber, warum er unbedingt noch selbst Reformen durchdrücken will: „Das ist für mein Werk in der Fifa wichtig – nach 40 Jahren kann ich nicht einfach so abtreten. Ich will mit etwas Gutem abtreten.“ So verkündete Blatter eine neue Reformagenda.

Das Gehalt des Fifa-Präsidenten soll veröffentlicht werden, ebenso wie die Bezüge der Exekutivkomitee-Mitglieder. Zudem soll es unter anderem Amtszeitbegrenzungen für den Fifa-Chef und die Funktionäre geben, wahrscheinlich drei Amtszeiten à vier Jahre. Auch soll die Fifa zukünftig dafür verantwortlich sein, Integritätskontrollen der potenziellen Exekutivkomitee-Mitglieder durchzuführen – nicht die Kontinentalverbände, die sie vertreten. Durchgesetzt werden soll dieser Reformprozess von einer neuen Taskforce, einer unabhängigen Kommission.

Sepp Blatter hat bereits skurrile Zukunfts-Pläne

Nachdem Blatter all dies genüsslich präsentiert hatte, versicherte er zudem, dass er selbst nicht mehr kandidieren werde. Skurril wurde es, als er verriet, was er tun möchte, wenn er nicht mehr Fifa-Präsident sein wird. „Wenn jemand möchte, würde ich gerne als Radiojournalist arbeiten“, sagte er. „Sprechen ist einfacher als schreiben.“ Auch seine Themengebiete gab er an: Geopolitik. Schließlich seien Geografie und Politik seine großen Hobbys Blatter gab sich während seines großen Auftritts fast so, als wäre nichts gewesen. Eine Tsunami-Welle sei über die Fifa hereingebrochen, sagte er, aber sie habe ihn nicht wegspülen können. Er habe seinen Rücktritt ankündigen müssen, um die Fifa zu schützen. Nicht sich. Er wechselte von Englisch auf Französisch auf Deutsch auf Spanisch. Nur zu einem Punkt wollte sich Blatter nicht äußern: zu den Ermittlungen der US-Behörden, also den regnenden Geldscheinen, die sein Bild in der Öffentlichkeit so bestimmen.

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