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Da liegt was an. Olympiasiegerin Vogt springt heute in Sapporo.

© imago/Eibner Europa

Serie: Winterreise: Sapporo: Eintauchen in das Ungewohnte

Für die meisten Menschen sind es keine Sehnsuchtsorte – doch unter Wintersport-Fans sind ihre Namen so bekannt wie Metropolen. Folge 4: Skispringerin Carina Vogt erzählt von Sapporo, etwa 126 Schneetage, Jahresdurchschnittstemperatur: 8,5 Grad Celsius.

Von Johannes Nedo

Wer sich auf Schanzentürme begibt, diese auf Skiern herunterrauscht und 100 Meter weit hinunterfliegt, lässt sich so schnell von nichts aus der Ruhe bringen. So verfiel auch Carina Vogt nicht in Panik, als sie in Sapporo auf der Straße stand und plötzlich die Erde bebte und alle Häuser schwankten. „Ich wusste ja, dass man dort öfter mal leichte Erdbeben erlebt“, sagt sie. Im ersten Moment hatte sie schon ein mulmiges Gefühl, gibt Vogt zu. Aber weil die leichten Erschütterungen auf der japanischen Insel Hokkaido ziemlich normal sind, hat sich auch die Skisprung-Olympiasiegerin und Weltmeisterin an die gelegentlich wankenden Häuser gewöhnt.

Doch nicht nur wegen der kleinen Erdbeben ist Sapporo, wo am Samstag und Sonntag zwei Weltcup-Springen der Frauen anstehen, für die Athletinnen immer wieder eine besondere Station. „Dort sind wir mal direkt in der Großstadt – ich mag das sehr“, sagt Vogt. Während die meisten anderen Weltcup-Orte eher Kleinstädte in den Bergen sind, wo es außer dem Sport auch kaum etwas zu tun gibt, ist Sapporo der komplette Kontrast dazu. Die 1,9-Millionen-Einwohner-Metropole, in der 1972 die ersten Olympischen Winterspiele Asiens ausgetragen wurden, ermöglicht es den Athletinnen, „auch mal was zu erleben“, wie Vogt sagt. „Wir können dort richtig das japanische Leben aufsaugen.“

Schnee für die Skulpturen heranzuschaffen, ist in Sapporo kein Problem

Dieses Eintauchen in den japanischen Alltag ist für Vogt und ihre Teamkolleginnen dann vor allem mit vielem Neuen und Ungewohnten verbunden. „Alle Ampeln sprechen mit uns“, schildert die 23-Jährige. Und auch in den Geschäften sei die Beschallung extrem laut. „Es ist eben alles etwas anders“, betont sie. In einem anderen Jahr fiel der Skisprung-Weltcup sogar mit dem größten Tourismus-Ereignis Sapporos zusammen. Alljährlich im Februar findet dort für eine Woche ein Schneefestival statt, das rund zwei Millionen Besucher anlockt. Dabei werden an vielen Orten in der Stadt große Skulpturen aus Schnee und Eis errichtet. So werden etwa berühmte Gebäude nachgebaut, einige der Werke sind bis zu zehn Meter hoch und 30 Meter breit. „Das ist echt beeindruckend“, sagt Vogt. „So etwas hatte ich vorher noch nie gesehen.“ Sie erinnert sich besonders an eine überdimensionierte Nachbildung einer Pokemon-Figur, die mindestens sechs Meter hoch war.

All den Schnee für die Skulpturen heranzuschaffen, ist in Sapporo kein Problem. Die Stadt im Norden Japans ist dafür bekannt, dass es dort sehr viel schneit. Pro Jahr fällt dort an 126 Tagen rund sechs Meter Schnee. Das sind natürlich ideale Bedingungen für Wintersport. Und die Japaner sind wintersportbegeistert – während der Weltcups ist die Aufmerksamkeit für die Skispringerinnen groß. Das liegt vor allem an einer lokalen Heldin: der zweifachen Gesamtweltcup-Siegerin Sara Takanashi. „Die Fans sind so verrückt nach ihr“, sagt Vogt. Selbst bei der Startnummern-Vergabe einen Tag vor dem ersten Springen herrscht stets ein riesiger Auflauf. „Das ist richtig schön für uns alle, wir genießen das sehr“, betont Vogt.

Auch deshalb nimmt sie gern den 13-stündigen Flug von Europa nach Sapporo auf sich. Sie empfinde das nicht als großen Reisestress, zumal sie die Miyanomori-Schanze sehr mag. „Die Schanze liegt mir“, sagt Vogt. In den vergangenen beiden Jahren wurde sie dort zweimal Zweite. Bei solch‘ guten Ergebnissen und den schönen Erlebnissen abseits des Sports ist es also kein Wunder, dass Vogt sich von leichten Erdbeben nicht verunsichern lässt.

Die weiteren Teile der Serie:

Teil 1: Kuusamo: Mit Stirnlampe zu den Rentieren

Teil 2: Are: Rentierfell und Wasserfall

Teil 3: Pokljuka: Wo die Geisterglocke läutet

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