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Auf Kante. Slopestyle ist auch bei den Olympischen Jugendspielen dabei.

© picture alliance / dpa

Serie: Wintersport 2.0: Wild West des Winters Neuschnee

Springen, fliegen, manchmal stürzen: Slopestyle ist die spektakulärste neue olympische Disziplin.

Von Katrin Schulze

Der Winter ist jung geworden. Neben den klassischen Wintersportarten wie Rodeln, Langlauf oder Skispringen hat sich eine neue Generation von Wintersportarten entwickelt. Sie sind als Lifestyledisziplinen gestartet, inzwischen aber schon teilweise im durchorganisierten und standardisierten olympischen Programm gelandet. Über die neuen Sportarten im Spannungsverhältnis zwischen Jugendlichkeit und olympischem Anspruch berichten wir in unserer Serie Neuschnee. Heute Folge 3: Slopestyle.

Wer es ernst meint, wird ohne zwei Dinge nicht auskommen. Eine ausgeprägte Abenteuerlust – das kriegen viele noch hin. Mit der Risikobereitschaft ist es schon schwieriger. Dabei gehören Stürze und meistens auch Verletzungen dazu für die Großen dieses Sports. Hinfallen, aufstehen, besser werden. Dieses Muster kennen alle, die sich ein Snowboard unter die Füße schnallen und damit einen Hindernisparcours hinunterrasen. Wenn die Snowboardszene wild ist, wie viele ja gerne behaupten, dann ist Slopestyle so etwas wie das Wild West des Wintersports.

Es ist der spektakulärste Teil von Wintersport 2.0, und es ist das Lieblingskind von Jacques Rogge, dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der bei der Bekanntgabe der neuen Disziplinen für die Spiele 2014 in Sotschi besonders viel Begeisterung für diesen Wettbewerb zeigte. Weil Slopestyle so weit verbreitet ist – jedes größere Skigebiet hat inzwischen einen sogenannten Funpark –, und weil es einfach irre aussieht, wie die Athleten jedes Mal aufs Neue über immer andere Elemente springen und fliegen.

Langweilig wird es Johannes Höpfl jedenfalls nicht. Seit neun Jahren steht er auf dem Brett, und immer noch schwärmt er von der „Vielfältigkeit im Slopestyle. Man braucht Kraft, Akrobatik, Kreativität, Schnelligkeit“ – und nicht nur das. Höpfl ist 16 und hat sich schon zweimal das Handgelenk gebrochen. „Wenn man vorne mitfahren will, muss man Risiken eingehen“, sagt er dazu. Für seinen Traum von einer guten Platzierung bei den Olympischen Spielen würde er noch mehr wagen als bisher.

Einigen seiner Kollegen passt es gar nicht, dass das IOC im Schlepptau mit dem Skiverband die Freestyle-Wettbewerbe an sich reißen will. Sie fürchten eine Vereinheitlichung und zu viele Regeln in dem eigentlich so regelfreien und individuellen Sport. Dass Snowboard-Slopestyle wie keine andere Disziplin hin und hergerissen ist zwischen Lifestyle und Leistungssport, liegt in seiner Natur. Kein Parcours ist wie der andere, die Hindernisse werden immer anders gesetzt, so dass jeder Fahrer unzählige und immer neue Möglichkeiten besitzt, sich den Berg hinabzustürzen. Im Wettbewerb wird dann bewertet, wie die Snowboarder oder Skifahrer, für die Slopestyle auch olympisch wird, die Schanzen und Geländer nutzen, welche Tricks sie zeigen und wie sie diese ausführen.

Diese Komplexität ist es, die Slopestyle für David Selbach zum „Herzstück der Snowboardszene“ macht. Selbach ist im Snowboard-Verband als Trainer tätig, die Skepsis gegenüber der Olympisierung des Freestyles kann er nicht verstehen. Um die Halfpipe hätte es die gleichen Diskussionen gegeben, sagt er. Daraus sei auch ein interessanter Wettkampfsport geworden. So könnte es auch Slopestyle gehen.

In Deutschland haben sich diese Ambitionen angesichts der vielen Erfolge in den konventionellen Wintersportarten wie Biathlon, Ski Alpin oder Bob noch nicht allzu sehr herumgesprochen. „Ein Stück weit hinter den großen Nationen wie der USA oder der Schweiz“ verortet der Trainer die deutschen Snowboarder. Um das zu ändern, hat sich die Szene in den vergangenen Monaten zunehmend professionalisiert. Videoanalysen, Athletik- und bei Bedarf auch Mentaltraining gehören mittlerweile dazu.

Johannes Höpfl hat im vergangen Sommer gemerkt, was es bedeutet, ein ambitionierter Snowboarder zu sein. Da musste er zum ersten Mal in seiner jungen Karriere zum regelmäßigen Krafttraining ran. „Gute Wintersportler werden eben im Sommer gemacht“, sagt er und wird für einen Moment nostalgisch: „Früher war es anders. Früher bin ich im Winter einfach nur auf den Berg gegangen und habe Spaß gehabt.“

Bisher erschienen: Snowboard-Parallelslalom (12. Januar), Skicross (15. Januar). Nächste Folge: Ski-Halfpipe.

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