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Sport: „Sie meiden mich“

Boxer Felix Sturm glaubt, dass die Großen aus Angst vor einer Niederlage nicht gegen ihn kämpfen wollen

Herr Sturm, Sie gelten als der derzeit beste Boxer Deutschlands. Sind die anderen so schwach oder Sie so stark?

Das hat mit Schwäche anderer nichts zu tun. Ich kann mich sehr gut einschätzen. Mein Kampf gegen Oscar de la Hoya …

… dem amerikanischen Superstar und Weltmeister im Mittelgewicht …

… war nur der Anfang.

Der Anfang vom Ende? Sie beherrschten de la Hoya im Juni in Las Vegas, doch den Sieg bekam der „Golden Boy“ zugesprochen – und damit auch Ihren WBO-Titel.

Das war ein schlechter Witz. Selbst die Amerikaner haben mir bestätigt, dass ich nach Strich und Faden betrogen wurde. Deswegen wollte ich sofort einen Rückkampf. Ich habe ihm gleich nach dem Kampf gesagt: Wenn du ein Mann bist, boxt du noch einmal gegen mich, wenn es dir ums Geld geht, dann boxe gegen Bernhard Hopkins. Das tat er dann auch.

Für diesen Kampf bekam de la Hoya 30 Millionen Dollar, obwohl er verlor. Sind Sie nicht neidisch?

Nein, ich bin jetzt 25. Meine Zeit kommt. Ich weiß um meinen Marktwert, und der wird auch noch steigen.

De la Hoya ist Geschichte, Hopkins, der jetzt alle vier WM-Gürtel hat, wird im Januar 40 Jahre alt und der ehemalige Weltmeister Trinidad hat auch schon abgewinkt. Wahrscheinlich werden Sie wieder Weltmeister, aber ohne gegen die ganz Großen geboxt zu haben. Ein Makel?

Mein Kampf gegen de la Hoya hat wohl Eindruck hinterlassen. Diese lebenden Legenden wollen nichts mehr riskieren. Gegen mich, einen jungen Deutschen, könnten sie ja verlieren. Das wäre nicht gut für ihren Ruf.

Axel Schulz boxte den Kampf seines Lebens gegen George Foreman. Obwohl auch er der Bessere war, bekam auch er nicht den Sieg zugesprochen. Er wurde zwar populär, aber nicht mehr ernst genommen. Was macht Sie sicher, dass Ihnen dieses Schicksal erspart bleibt?

Keine Angst, ich werde ernst genommen. Erstens habe ich nicht gegen einen fast 50-jährigen Box-Opa gekämpft, der jetzt als Hobbykoch durch die Welt zieht. Sondern ich boxte gegen einen 31-jährigen, knackigen Champion. Außerdem ruhe ich mich nicht auf meiner Leistung aus. Ich wurde als Profi in Rekordzeit, nach nur zweieinhalb Jahren, Weltmeister. Ich trainiere so viel mehr, dass mich mein Trainer Michael Timm oft zügeln muss. Ich bin ehrgeiziger, als Schulz es war, und ich boxe nicht mehr gegen Durchschnittsleute.

Ihre Popularität ist stark gewachsen, sie waren in vielen Talkshows. Glauben Sie, dass Sie außerhalb Deutschlands wahrgenommen werden?

Und ob. Vor allem in Amerika, dem wichtigen Boxmarkt, hat man ein konkretes Bild von mir. Ich werde der nächste Mann im Mittelgewicht sein. Neulich fragte „The Ring“, die Bibel des Boxens, zum wiederholten Male wegen eines Interviews an. Selbst aus England und Japan erreichen mich Anfragen. Und das, obwohl der Kampf sechs Monate her ist.

Vor 448 Tagen wurden Sie hier in Berlin Weltmeister. Am kommenden Samstag geht es für Sie um nichts. Warum boxen Sie dann?

Mein Gegner, der Franzose Cherifi, ist ein ehemaliger WBC-Weltmeister. Das ist schwer genug. Um im Rhythmus zu bleiben, wollte ich in diesem Jahr unbedingt noch einen Kampf. Leider gehen mir die ganz Großen aus dem Weg.

Das Gespräch führte Michael Rosentritt.

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