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Sport: Skispringen: Die Familie feiert wieder

Marcus Schick schlägt einen feierlichen Ton an. "Sie erleben jetzt Skispringen in seiner ganzen Pracht, wie Sie es lange vermisst haben", sagt der Pressesprecher der deutschen Skispringer.

Marcus Schick schlägt einen feierlichen Ton an. "Sie erleben jetzt Skispringen in seiner ganzen Pracht, wie Sie es lange vermisst haben", sagt der Pressesprecher der deutschen Skispringer. Neben ihm sitzt Martin Schmitt. Er ist ein bisschen müde, denn die Nacht war lang. Bis um vier Uhr haben er und seine Kollegen gefeiert. Bundespräsident Johannes Rau hat ein Glückwunschtelegramm geschickt. Die Heimat feiert ihn, und Schmitt ist glücklich, trotz aller Müdigkeit. Der Sieg beim Springen von der Großschanze bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Lahti hat ihn versöhnt mit einer Saison, die gut begonnen hatte und dann lange Zeit nur noch im Zeichen seines Rivalen Adam Malysz stand. Jetzt aber, im wichtigsten Wettkampf des Winters, ist er dem Polen davon geflogen, und Bundestrainer Reinhard Heß freut sich darüber, "dass endlich alle Zweifel beseitigt sind". Zweifel an Schmitts Können und an dem der restlichen Mannschaft. Der Schwarzwälder Familienbetrieb funktioniert wieder.

Für die Polen waren Schmitts 131 Meter im Finale, die ihn von Rang drei an die Spitze brachten, ein Jahrhundert-Sprung. Heß winkt ab. "So einen Sprung kann der Martin einfach, wenn alles stimmt." Wolfgang Steiert, als Zu- und Mitarbeiter von Reinhard Heß seit Jahren Schwarzwälder Heimtrainer, kennt die Fähigkeiten Schmitts, sich im wichtigsten Moment zu konzentrieren. Das war ihm schon beim Saisonstart in Kuopio und zu Beginn der Tournee in Oberstdorf gelungen. Abrufbar ist diese Fähigkeit nicht, "aber "wenn alles stimmt, dann kann man sich auf den Martin verlassen". Der Weltmeister erinnert sich: "Es war klar, dass es bei der Weltmeisterschaft auf einen Sprung ankommt. Ich wusste, dass Adam keine Fehler macht. Also musste ich mich steigern."

Das ist leicht gesagt nach einer Saison, die von Tiefen geprägt war, von Wettkämpfen wie dem in Sapporo, wo Schmitt 50. und Letzter wurde. "Da habe ich kräftig einen auf den Deckel bekommen, das war sehr schwierig für mich. Aber ich habe daran gedacht, dass noch viele schöne Wettkämpfe kommen".

Die Zuschauer im Skistadion von Lahti, der Trainer, aber auch die eigenen Kollegen, sie waren am Montag wieder einmal überrascht davon, wie sehr Martin Schmitt trotz aller Routine auf emotionale Situationen reagiert. Die Begeisterung der Zuschauer, "das war Wahnsinn, da lief es mir kalt den Rücken runter". Selbst am Tag danach ist ihm diese Situation noch gegenwärtig.

Viel spricht dafür, dass es Malysz ähnlich ging, als Schmitt seinen Satz über 131 Meter hinlegte. Der Pole war beeindruckt, der Deutsche stolz. Wie er da unten stand am Montag, "da wusste ich, dass ich eine Medaille hatte. Aber ich kannte ihre Farbe noch nicht". Als Malysz ein paar Minuten später im Zielraum stand, wusste Schmitt Bescheid: Gold. Malysz schreibt seine Biografie mit der Farbe Silber weiter.

Die Mannschaft mit Schmitt, Sven Hannawald, Alexander Herr und Michael Uhrmann will heute ähnliches versuchen und wie vor zwei Jahren wieder Gold gewinnen. "Man darf aber die Einzelergebnisse vom Montag nicht zusammen zählen", warnt Bundestrainer Heß. "Unser Ziel ist eine Medaille, welche es wird, weiß ich nicht." Die Farbe Gold, das ist Skispringen in seiner ganzen Pracht. Auch und erst recht im Familienbetrieb.

Lutz Rauschnick

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