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Andrea gegen den Rest der Welt. Petkovic spielt gegen den Willen ihrer Eltern in New York immer weiter. Foto: dapd

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Sport: So weit das Knie noch trägt

Gegen den Rat ihres Umfelds tritt die Tennisspielerin Andrea Petkovic mit einer Meniskusverletzung bei den US Open an – ein großes Risiko

Auf der Tribüne ließ Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner resigniert den Kopf sinken, und auch Amira und Zoran Petkovic schauten völlig konsterniert ins Leere. Sie hätten alles darum gegeben, wenn der Albtraum, den sie seit einer Woche durchleben, endlich beendet wäre. Doch Andrea Petkovic hatte auch ihre Drittrundenpartie bei den US Open gegen die italienische Weltranglisten-20. Roberta Vinci mit 6:4 und 6:0 gewonnen. Und die Eltern der 23 Jahre alten Darmstädterin wären über diese Leistung sonst auch sehr glücklich gewesen. Doch ihre Tochter spielt in New York mit einem Meniskusanriss im rechten Knie. Petkovic riskiert ihre Gesundheit, vielleicht sogar ihre Karriere, so fürchten sie. Aber es gibt nichts und niemanden, der Petkovic von ihrer halsbrecherischen Mission abbringen könnte. „Ich kämpfe gerade mit mir und gegen acht Leute in meinem Umfeld, aber ich kann jetzt nicht aufhören“, sagte sie. „Ich fühle mich gerade wie Andrea gegen den Rest der Welt.“

Und so müssen Petkovics Liebste leiden. Bei jedem langen Schritt der besten Deutschen zuckte der Anhang am Samstag auf der Tribüne förmlich zusammen. Zoran Petkovic, selbst ein ehemaliger serbischer Tennisspieler, hatte es nicht ausgehalten und war während der Partie immer wieder aus dem Stadion gegangen. Ähnlich geht es Barbara Rittner. „Ich kann da im Moment überhaupt nicht hingucken“, sagte sie, „das halte ich nicht aus.“ Auch auf ihren Rat hört Petkovic nicht.

Dabei hatten sie das alles schon einmal durchlebt, als Petkovic sich bei den Australian Open 2008 einen Kreuzbandriss zuzog und acht Monate pausieren musste. Das machte es jetzt noch schlimmer. Ganz einreißen wie ein Band kann der lädierte Meniskus zwar nicht, doch das entzündete Gewebe vernarbt immer mehr und verursacht starke Schmerzen. Und die Gefahr für eine weitere Verletzung im Knie ist dadurch umso größer. Mit jedem falschen Schritt, jedem weiteren Match riskiert sie eine Operation, die eine langwierige Reha und bis zu einem halben Jahr Pause nach sich ziehen könnte. Ob Petkovic danach wieder an ihre Stärke anknüpfen würde, weiß niemand.

Doch die Weltranglistenelfte bleibt hart. Sie spüre, dass sie sich gerade als Spielerin entwickle und wolle das jetzt nicht unterbrechen. Während der Amerika-Tour hatte sie zwei Halbfinals und ein Viertelfinale erreicht. „Ich bilde mir ein, das Knie ist besser geworden“, sagte Petkovic, „der Schmerz ist mir heute auch nur einmal reingefahren.“ Ob es aber nur vom Adrenalinschub oder den Tabletten überdeckt wurde, wusste sie nicht. Vielmehr hoffte sie, dass die Lasertherapie von Pier Francesco Parra diese gefühlte Besserung bewirkt habe. Der italienische Professor gilt unter osteuropäischen Spielern als Wunderheiler, bei jedem Grand-Slam-Turnier reist er aus der Toscana an und öffnet im Hotel seine Praxis. „Seine Methode soll die Heilung beschleunigen“, sagt Petkovic. „Wir vom Balkan glauben wohl etwas mehr an Hokuspokus.“

Sie werde die Behandlung fortsetzen, denn im Achtelfinale soll in New York nicht Schluss sein: „Als ich hier im letzten Jahr so weit kam, war ich euphorisch, aber jetzt will ich mehr.“

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