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Sport: Spannung halten

Von Hartmut Scherzer Seogwipo. Oliver Kahn hatte ein wenig Angst.

Von Hartmut Scherzer

Seogwipo. Oliver Kahn hatte ein wenig Angst. Er nahm die getönte Brille ab und sprach: „Der größte Fehler wäre jetzt, die Spannung fallen zu lassen.“ Nach einem knapp dreistündigen Charterflug erreichte die deutsche Fußballnationalmannschaft ihr neues WM-Domizil in Südkorea. Entspannung aber, weil Deutschland durch das 2:0 gegen Kamerun im Achtelfinale steht, ist nicht angesagt. „Wir haben noch gar nichts erreicht“, verkündete der Kapitän mit ernster Miene. Der dreimalige Weltmeister und dreimalige WM-Finalist hat lediglich die Blamage vermieden, mit dem schlechtesten Ergebnis seiner WM-Geschichte schon am Mittwoch nach Deutschland zurückfliegen zu müssen. „Jetzt geht es erst los“, sagt und mahnt Kahn. „Wir werden uns optimal vorbereiten.“ Das macht die Mannschaft nun auf der Ferieninsel Jeju, wo sie als Gruppensieger am Samstag in Seogwipo im Achtelfinale quasi ein Heimspiel hat.

Was wäre Rudi Völlers Mannschaft ohne diese neue Leitfigur des deutschen Fußballs? Wahrscheinlich gar nicht bis nach Japan und nun Korea gekommen. „Wenn alle wären wie Oliver Kahn“, hat Christian Ziege voller Bewunderung gesagt, „dann müssten wir hier gar nicht antreten, sondern könnten uns den Titel gleich abholen.“ Mit seinen Großtaten wie in der zwölften Minute gegen Salomon Olembe, mit seinem verbissenen Einsatz, mit seinem brennenden Ehrgeiz und seinem unbändigen Siegeswillen hat er schon Bayern München zu Triumphen verholfen und scheint sich nun sicher, dass ihm dies auch bei der WM gelingen wird.

Nach Kahns Überzeugung jedenfalls wird „diese Mannschaft hier noch Großes leisten". Und diese Leistung endet nicht im Achtelfinale. Kahn: „Wenn wir über die Klippe Kamerun kommen, fürchten wir uns vor keinem Gegner.“

Vor dem Spiel hatte der Torwart in einer Ansprache in der Kabine seinen nervösen und verunsicherten Kollegen eingeschärft: „Ihr müsst daran glauben, glauben, glauben.“ Nach dem Platzverweis von Ramelow muss Kahn gespürt haben, wie seine Siegermentalität plötzlich die ganze Mannschaft erfasste und beseelte. „Wir sind noch mehr zusammengerückt und haben gesagt: Jetzt schaffen wir es erst recht. Wir haben unsere Tugenden ausgespielt. Einstellung, Kampf, Mentalität, Aggressivität.“ Der Jüngste, der erst 21-jährige Christoph Metzelder, registrierte ganz erstaunt, „wie wir auf einmal unsere Leidenschaft abgerufen haben".

Für das Spiel im Achtelfinale ist Völlers Kader geschrumpft. Neben Ramelow fallen nach ihrer jeweils zweiten Gelben Karte auch Christian Ziege und Dietmar Hamann aus. Zu allem Überfluss zog sich auch noch der 28-jährige Schalker Jörg Böhme beim Aufwärmtraining vor dem Spiel einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu und flog nicht nach Jeju, sondern nach Hause.

Völlers Kader zählt damit für das Spiel am Samstag nur noch 16 Feldspieler. Es darf spekuliert werden, wer die elf der Anfangsformation sind: Kahn – Rehmer, Linke, Metzelder, Frings – Schneider, Jeremies, Ballack, Bode – Klose, Bierhoff (Neuville). Für Oliver Kahn kein Grund, durch die Ausfälle eine Schwächung der Mannschaft zu sehen: „Wir haben viele Leute, die sehr gut einspringen können.“ Vom Flughafen begab sich die deutsche Nationalmannschaft gestern umgehend nach Seogwipo.

Im „Hotel Paradise“ blieb den Spielern kaum Zeit zum Auspacken. Völler hatte das erste Training auf koreanischem Boden angesetzt.

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