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Rosenberg

© dpa

Sport: Kommt die Krise?

Bundesliga, DEL, Handball: Bislang hat die große Wirtschaftskrise die deutschen Profiligen noch nicht erreicht - aber sie bereiten sich darauf vor. Düsterer sieht es dagegen im Motorsport aus. Wie sicher ist der deutsche Sport?

Das auslaufende Jahr endet für den Sport nicht mit den besten Nachrichten. Die weltweite Wirtschaftskrise hat insbesondere den Motorsport getroffen. Er leidet unter der Absatzkrise der Autoindustrie. Erst jüngst haben die beiden japanischen Hersteller Suzuki und Subaru sich aus der Rallye-Weltmeisterschaft zurückgezogen. Zuvor hatte schon der deutsche Hersteller Audi die renommierte American Le Mans-Sportwagenserie verlassen. Den Anfang aber gemacht hatte Honda. Der japanische Automobilhersteller zog sich Anfang Dezember völlig überraschend aus der kostenintensiven Formel 1 zurück. „Die Kosten müssen runter, bevor ein weiterer Hersteller unsicher wird“, sagte der dreimalige Formel-1-Weltmeister Niki Lauda. Als Wackelkandidat in der kostenintensivsten Rennklasse gilt vor allem Renault. Experten zufolge läuft zum Saisonende der Millionen-Deal mit Sponsor ING aus. Ob der von der Bankenkrise betroffene niederländische Finanzkonzern den Vertrag verlängert, erscheint höchst fraglich.

Auch der deutsche Sport hat reagiert. Am ersten Dezemberwochenende beschloss der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. Erstmalig seit 30 Jahren. Der deutsche Sport will sich „wetterfest machen“ gegen die Auswirkungen der heraufziehenden Wirtschaftskrise. „Wir stehen mitten in der Gesellschaft und werden deshalb von dieser Krise unmittelbar und mittelbar betroffen werden“, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach.

Für den deutschen Sport gibt es derzeit noch keine konkreten Auswirkungen. „Ich frage mich seit Wochen, wann die große Welle kommt“, sagte Hartmut Zastrow, Vorstand des Kölner Marktforschungs-Instituts „Sport und Markt“. Insbesondere im Premiumbereich des deutschen Sports ließe sich „keine rückläufige Tendenz“ feststellen. Sowohl die Nationalmannschaft als auch der FC Bayern München, die Schlachtschiffe des deutschen Fußballs, haben in den zurückliegenden Wochen und Monaten einige Verträge mit Werbepartnern verbessert, zum Teil zu stark verbesserten Konditionen. Die HypoVereinsbank kooperiert seit 2003 in einer strategischen Finanzpartnerschaft mit dem deutschen Rekordmeister und erweiterte ihre Zusammenarbeit erst im Herbst. Kurz zuvor war die Commerzbank beim Deutschen Fußball-Bund als Premium-Partner bis mindestens 2012 eingestiegen.

Neben der Fußball-Bundesliga ist die Situation in den anderen bedeutenden deutschen Profiligen verhältnismäßig stabil. Allerdings werden die Zukunftsaussichten in der Handball- und Basketball-Bundesliga sowie der Deutschen Eishockey-Liga zurückhaltend bewertet. „Die Krise ist bei uns noch nicht massiv spürbar, im Moment ist es eher ein Problem der negativen Stimmung und Zurückhaltung. Aber das wird sicher noch stärker auf uns zukommen“, sagt Jan Pommer, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga (BBL). „Wir werden gemeinsam mit unseren Klubs im nächsten Jahr mehr Wert darauf legen, konservativer und vorsichtiger zu planen. Auch wenn Zuschauereinnahmen und andere Posten von der Krise nicht unmittelbar betroffen sind, wird das trotzdem eine sehr ernst zu nehmende Herausforderung.“ Ähnlich schätzt Gernot Tripcke die Situation ein. „Wir haben ja laufende Verträge. Wie viele davon allerdings nach der Saison verlängert werden, ist eine andere Sache“, sagt der Geschäftsführer der Deutschen Eishockey-Liga. Tripcke: „Wir werden die Klubs anhalten, zur nächsten Saison auf der Kostenseite vorsichtig zu planen.“ Dazu gehöre auch die Empfehlung, die Spielergehälter eher zu senken.

Für den Spitzenfußball sieht das Kölner Institut „Sport und Markt“ für das kommende Jahr kaum Auswirkungen. „Dieses Geschäft schätze ich als normal ein“, sagt Zastrow. Das hänge damit zusammen, dass es sich im Wesentlichen um langfristige Verträge handelt, die anders als die klassische Werbung im Fernsehen nicht ohne Weiteres aufkündbar seien. „Sponsoringverträge sind nicht einfach mal stornierbar“, sagt Zastrow. Zudem geht es meist um Emotionalität, „im Sportsponsoring ist viel Herzblut dabei“.

Im Frühjahr 2009 sieht Hartmut Zastrow die nächste Bewährungsprobe für den Sport. Bis dahin werde es keine gravierenden Veränderungen geben. „Es ist wichtig, jetzt nicht in Schockstarre zu verfallen“, sagt Jan Pommer von der BBL. Die Suche nach einem Namenssponsor für die gesamte Basketball-Liga ist bisher erfolglos geblieben. Pommer: „Es gibt Unternehmen, die sagen: Lasst uns bis zum Frühjahr mit Gesprächen warten.“

Speziell der Bundesligafußball werde in der laufenden Spielzeit den wirtschaftlichen Abschwung nicht zu spüren bekommen. Im Vergleich zu den anderen Topfußballligen wie denen in England, Italien, Spanien, Frankreich und den Niederlanden sei die Bundesliga wirtschaftlich sehr viel ausgewogener aufgestellt.

In der Fußballbundesliga lagen die Sponsoren-Einnahmen im vergangenen Jahr bei rund 370 Millionen Euro. 50 Millionen Euro davon kamen aus der Finanzbranche. Dieser Anteil beträgt etwa 14 Prozent. „Der deutsche Fußball hängt nicht am Tropf der Banken“, sagt Zastrow. Das gelte in gewisser Weise auch für den deutschen Sport im Allgemeinen. Zwar seien Banken und die Finanzbranche sehr aktiv im Sport-Sponsoring, aber eine Abhängigkeit gebe es nicht. „Ein Alkoholwerbeverbot träfe den Sport gravierender“, sagt Zastrow.

Insbesondere in Sachen Trikotsponsoring ist die Fußball-Bundesliga europaweit spitze. Nach Angaben des Kölner Marktforschungs-Instituts erlösten die 18 Vereine 102,9 Millionen Euro für die Werbung auf der Spielkleidung und übertrafen erstmals die Grenze von 100 Millionen Euro. Europas Spitzenreiter in diesem Bereich ist der FC Bayern München mit 20 Millionen Euro. Die meisten Trikotsponsoren in den europäischen Ligen kommen mit 80,7 Millionen Euro trotz der weltweiten Wirtschaftskrise aus der Finanz- und Versicherungsbranche. „Der Finanzsektor investiert 30 Millionen Euro mehr als jede andere Branche in Trikotsponsoring“, sagt Zastrow. „Fußball bleibt eine Topplattform.“

Von der Finanzkrise stärker betroffen sind Fußballvereine der englischen Premier-League. Dort zwingt die Finanzkrise Unternehmen zum Sparen oder sie gehen direkt in die Insolvenz. Beispielsweise West Ham United. Der Hauptsponsor „xk Holidays“ meldete Konkurs an und hat dem Klub ein Millionen-Minus hinterlassen.

Die wirtschaftliche Entwicklung in den großen deutschen Profiligen unterhalb der Fußball-Bundesliga verlief im vergangenen Jahr ausgesprochen positiv. Alle Ligen verzeichneten einen Zuschauerrekord. Am umsatzstärksten war die Zweite Fußball-Bundesliga trotz eines Rückgangs um ein Prozent auf 271,6 Millionen Euro. Den größten Einnahmesprung machte die Handball-Bundesliga von 54,8 Millionen auf 74,6 Millionen. Als Ursache dafür gilt das wachsende Interesse nach dem Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land. Auch die DEL (von 81,3 auf 89 Millionen) und die Basketball-Bundesliga (von 43,1 auf 46,7 Millionen) steigerten ihre Umsätze. Die stärksten Einnahmequellen dieser Ligen sind das Sponsoring und das Merchandising mit einem Anteil von 42 Prozent.

Auch die Fußball-Bundesliga, die ausgewogener aufgestellt ist, wird den wirtschaftlichen Abschwung in der laufenden Spielzeit nicht zu spüren bekommen. Jahrelang sah die höchste deutsche Spielklasse im Vergleich der TV-Erlöse, welche die Top-Ligen in England, Spanien und Italien erzielten, als klarer Verlierer aus. Die Vereine der Bundesliga waren gezwungen, andere Einnahmequellen zu generieren. Heute ist die Bundesliga in Sachen Sponsoring und Merchandising führend in Europa. So ist aus einer scheinbaren Schwäche mittlerweile eine Stärke geworden.

Mitarbeit: Lars Spannagel

und Claus Vetter

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