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Das Sportforum Berlin in Hohenschönhausen könnte bald zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert werden.

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Sportforum Berlin als Flüchtlingsunterkunft?: "Die positive Stimmung könnte kippen"

Auch das Sportforum könnte zur Flüchtlingsunterkunft werden. Dann stellt sich die Frage: Wie weiter mit dem Spitzensport in Berlin?

Von Johannes Nedo

Es ist das Zentrum. Im Sportforum in Hohenschönhausen kommt der Großteil der Berliner Leistungssportler und Nachwuchsathleten zusammen, auf einem Areal von 45 Hektar mit 35 Sportanlagen. Seit dieser Woche trainiert auch die Bundesliga-Mannschaft der BR Volleys dort. Denn in ihrem bisherigen Trainingsort, dem Horst-Korber-Sportzentrum, hat sich zuletzt sehr viel verändert. Wo Robert Kromm und seine Teamkollegen bislang ihre Aufschläge und Angriffsbälle trainierten, stehen nun hunderte Feldbetten – und zwischen ihnen wuseln zahlreiche Flüchtlinge. Die Halle am Olympia-Gelände ist jetzt deren Unterkunft, bis zu 1000 Menschen sollen dort unterkommen. Dass Kromm und seine Mitspieler umziehen mussten, stört ihn gar nicht. „Das ist gar kein Problem und total vernünftig“, sagt der 31-Jährige. „Wir müssen flexibel sein – und das kriegen wir natürlich hin.“

In dieser Woche trainieren die Volleys im Sportforum und in einem Fitnessstudio am Kurfürstendamm, in der nächsten Woche dann wahrscheinlich in einer Nebenhalle der Max-Schmeling-Halle. Dort dürfte der Deutsche Vizemeister wohl vorübergehend bleiben, denn das Korber-Sportzentrum soll mindestens bis Februar als Unterkunft dienen.

Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Berlin. Und da die kalten Jahreszeiten näherrücken, rückt diese Thematik auch immer näher an den Sport heran. Denn Sporthallen zu Unterkünften umzufunktionieren, ist eine der einfachsten Möglichkeiten. Doch dies wirkt sich auf unterschiedlichste Art und Weise auf den Berliner Sport aus. „Natürlich haben wir Verständnis dafür, dass wir uns einschränken müssen“, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand. So plant der Verein zudem, ein Sportprogramm für die Flüchtlinge zu initiieren. „Aber den Verantwortlichen muss auch klar sein: Unseren Beitrag zur Integration können wir so schlechter leisten.“ Außerdem warnt Niroomand: „Wenn der Sport weiter eingeschränkt wird, besteht auch die Gefahr, dass die positive Stimmung kippen könnte.“

Andreas Statzkowski weiß um die Schwierigkeiten der Vereine und Athleten. Und der Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport steht mit den zahlreichen Akteuren in regem Austausch. „Wir können nicht das eine gegen das andere ausspielen“, sagt er. Durch die Umwidmung der Hallen im Korber-Sportzentrum sind neben den Volleyballern auch die Frauenhandballmannschaft der Füchse, zahlreiche Jugendteams, aber auch die Fechter betroffen. Im Januar sollte dort eigentlich das internationale Traditionsturnier „Weißer Bär von Berlin“ ausgetragen werden. Die Veranstalter vom Fecht-Club Grunewald (FCG) sehen sich bereits nach Alternativen um, eine Möglichkeit ist die Halle der Modernen Fünfkämpfer. „Wie alle tun wir, was wir können“, sagt Jutta Boergers vom FCG. „Aber uns ist selbstverständlich klar, dass wir uns hier in einer besonderen Situation befinden.“

Auch Leichtathleten sind betroffen

Wegen der Umfunktionierung der Sporthallen sind unter anderem auch die Leichtathleten betroffen. Für sie plant Statzkowski als Alternative die Aufwärmhalle im Olympiastadion und die Leichtathletik-Halle im Sportforum. Außerdem stellt sich auch der Berliner Hockey-Verband (BHV) auf Auswirkungen für die Hallensaison ein. „Noch sind diese zwar nicht genau absehbar. Aber wir werden auch das bewältigen“, sagt der BHV-Präsident Jürgen Häner. „Wichtiger als Hockey ist sowieso, dass die Flüchtlinge eine ordentliche Unterbringung bekommen.“

Auch Staatssekretär Statzkowski spürt ein Zusammenrücken der betroffenen Berliner Klubs. In der nächsten Woche soll es dazu auch eine Informationsveranstaltung für die Vereine geben. Der 59-Jährige hofft allerdings ebenfalls, dass ein Szenario nicht eintritt – und das betrifft das Sportforum. Aufgrund der vielen Hallen dort wurde es bereits als Flüchtlingsunterkunft geprüft. „Aktuell ist der Stand so, dass es nicht dafür genutzt werden soll“, betont Statzkowski. „Aber für die Zukunft kann man nichts ausschließen. Und das würde dann dramatische Auswirkungen mit sich bringen.“

Schließlich trainieren in Hohenschönhausen die Handballer der Füchse Berlin, der Eishockeyklub Eisbären, Nachwuchsathleten der Eliteschule des Sports und zahlreiche Olympiateilnehmer an den verschiedenen Olympia-Stützpunkten. „Wenn das Sportforum wegfallen sollte, wären auch die Forderungen des Innenministers nach 30 Prozent mehr Medaillen bei Olympia 2016 in Rio nicht realisierbar“, sagt Statzkowski. So hofft er, dass in Berlin nun andere Unterkunftsoptionen genutzt werden als weitere Sportstätten – wie leerstehende Schulgebäude, den Flughafen Tempelhof oder das ICC.

Volleys-Manager Niroomand setzt ebenso darauf, dass das Sportforum weiter für den Sport genutzt werden kann: „Das würde sonst so viele treffen.“ Er befürchtet, die Lobby für den Sport könnte nicht so groß sein wie in anderen Bereichen, etwa der Kultur. Dabei betonen er und seine Volleyballspieler stets die große Kraft des Sports. „Wir“, sagt Robert Kromm, „können viel dazu beitragen, dass sich die Flüchtlinge hier schneller als Teil der Gesellschaft fühlen.“

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