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Sport: Stefan allein Zu Haus

Der FC Bayern ist nicht nur ein ganz ordentlicher Fußballklub, er ist auch eine routinierte Reisegesellschaft. Im Abfertigungsterminal A des Münchner Flughafens spielten die Stornogebühren für Stefan Effenberg am Sonntagmorgen keine Rolle mehr.

Der FC Bayern ist nicht nur ein ganz ordentlicher Fußballklub, er ist auch eine routinierte Reisegesellschaft. Im Abfertigungsterminal A des Münchner Flughafens spielten die Stornogebühren für Stefan Effenberg am Sonntagmorgen keine Rolle mehr. Der Betrag wird in der Bilanz der künftigen Aktiengesellschaft ohne Spuren im Posten Sonderausgaben verschluckt. Und Kofferpacken, das können sie hier alle. Kurz nach elf Uhr flogen die Bayern nach Tokio zum Weltpokalfinale am Dienstag gegen Boca Juniors und ihren vielen kleinen Krisen davon. Ohne ihren Kapitän und Problemfall Nummer eins. Der spielte auch beim 0:0 im Derby gegen den 1. FC Nürnberg schlecht und blieb nach 45 Minuten in der Kabine. Die Pause als Notausgang. Als gelte es einen drohenden Brand zu löschen, eilte Bayerns Pressesprecher Markus Hörwick auf die Tribüne und teilte mit, Effenberg sei nur wegen einer Verletzung nicht mehr im Team. Eine Oberschenkelzerrung. Nichts Schlimmes, nur schwerwiegend genug, um Effenberg daheim zu lassen.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Im Moment ist das eine überaus praktische Verletzung. Die Bayern vertagen den Ärger um den Mittelfeldmann, der zum Saisonende geht, nach langer Verletzungszeit schlecht spielt und fast zum Störfaktor geworden ist. Am Tag danach herrschte 30 Autominuten vom Olympiastadion entfernt Zuversicht, als habe man Ballast über Bord geworfen und eben noch eine Dienstanweisung für optimistische Statements von Manager Uli Hoeneß erhalten. "Vielleicht ist der Zeitpunkt für so ein Finale ganz gut", sagte Trainer Ottmar Hitzfeld. "Vielleicht ist es einfacher, wenn man mit einem Schlag die Sympathien zurückgewinnen kann."

Wie auf Knopfdruck sprachen sie alle vom Weltpokal, den die Bayern 1976 einmal gewannen. "Weltpokal ist etwas besonders, da geht es ums Prestige. Die ganze Mannschaft ist besonders heiß drauf", sagte Torwart Oliver Kahn. "Ich will den gewinnen", meinte Thorsten Fink. Dass es ein rechter Irrsinn ist, drei Tage nach dem Spiel gegen Nürnberg und fünf Tage vor dem bei Hertha BSC nach stundenlangem Flug im fernen Japan zu spielen, das haben die meisten nur schwach angedeutet. "Eine enorme Anstrengung", meinte Kahn. "Wir müssen auf die Zähne beißen und durch. Zwei, drei Tage beißen."

Trotz aller Hetzerei ist der Trip nach Japan für die Bayern zu einer Reise der Hoffnung geworden. In vielerlei Hinsicht. Effenberg läßt sich in der Abgeschiedenheit des verwaisten Klubzentrums an der Säbener Straße den schmerzenden Schenkel pflegen, die Rückschläge in der Bundesliga und der Champions League sind weit weg. Von einer Krise wollte am Sonntag in der Schalterhalle des Airports keiner sprechen. "Leverkusen bekommt auch noch seine Schwächephase", sagte Kahn und schlüpfte in die Rolle des braven PR-Arbeiters. "Wir sind weit von Panik entfernt, obwohl die letzten Spiele bessere Freundschaftsspiele waren. Aber es wird laufen wie es immer läuft, am 34. Spieltag sind wir Meister."

Und Effenberg? "Wir müssen ihn langsam wieder integrieren", sagte Kahn, als gelte es über einen straffällig gewordenen Schwererziehbaren zu sprechen. Vielleicht brauchen sie ihn ja doch wieder, wenn es im Frühjahr in die entscheidende Phase der Champions League geht. In ein paar Tagen sind sie wieder in München, bei Effenberg und all ihren anderen Problemen, deren Existenz sie nicht zugeben wollen. Ein gewonnener Weltpokal käme da gerade recht.

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