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STEIL Pass: Prominent ignoriert

Stefan Hermanns über die Kunst, Stars gelassen gegenüberzutreten.

Wenn man neu nach Berlin kommt, ist vieles richtig aufregend. Zum Beispiel, dass einem im täglichen Leben alle Naselang sogenannte Prominente begegnen, der Kulturstaatssekretär in der Sparkasse am Geldautomaten, Jürgen Vogel im Sushi-Restaurant oder Goldie Hawn beim Schuhkauf. Boah, denkt man dann, aber man lernt sehr schnell, dass sich ein echter Berliner (der man als Zugezogener natürlich sein will) von der Prominenz anderer Leute mal so was von gar nicht beeindrucken lässt. Zu Zeiten der rot-grünen Koalition kam mir in einem Supermarkt an der Wilhelmstraße einmal der Finanzminister Hans Eichel entgegen. Selbstverständlich habe ich ihn nach alter Berliner Sitte beharrlich ignoriert, Eichel aber starrte mich so eindringlich an, dass ich mich gefragt habe, ob Minister vielleicht das Grundrecht besitzen, von jedem Bundesbürger jederzeit gegrüßt zu werden.

Was das alles mit Fußball zu tun hat? Ich glaube, dass Fußballfans schon sehr früh ihre Scheu vor Berühmtheiten ablegen und einen natürlichen Umgang mit Prominenz erlernen. Mir ist das bereits im Grundschulalter gelungen, und das lag vor allem an Ralf Bödeker, einem heute weitgehend vergessenen Fußballprofi, der das Pech hatte, gleich bei uns um die Ecke zu wohnen. Jeden Mittag klingelten wir an seiner Tür und bettelten ihn um Autogramme an. Bödeker muss mich gehasst haben.

Zwanzig Jahre später haben sich unsere Wege noch einmal gekreuzt, als Bödeker Trainer meiner Kreisligamannschaft wurde. Danach habe ich kaum noch gespielt. Seltsam.

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