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Steilpass: Bruno und die Wirklichkeit

Jens Kirschneck über Bruno Labbadias Hang zur Selbstüberschätzung.

Kleine Quizfrage: Welcher Trainer gehört zu den schlechtesten Elfmeterschützen der Bundesligageschichte? Antwort: Bruno Labbadia. Der verwandelte den ersten Strafstoß seiner Karriere und dann keinen mehr. Immerhin viermal trat Labbadia noch an, stets voller Selbstvertrauen und Zuversicht – und scheiterte. Allein drei Elfmeter vergeigte er im Trikot von Arminia Bielefeld in der Saison 1999/2000. Danach war der Klassenerhalt futsch und die Stimmung im Eimer. Als Labbadia zum zweiten Mal zur Ausführung schritt, hatten die Leute auf den Tribünen ein Grummeln im Bauch, beim dritten Mal griffen sie prophylaktisch zu ihren Herzpillen: Der wird doch nicht, oh nein, bitte nicht ... Nur Bruno, der war bar jeden Zweifels – und haute das Ding in die Wolken.

Heute ist Bruno Labbadia Trainer und immer noch ziemlich von sich überzeugt. Aus Hamburg wird berichtet, er doziere gerne und nerve seine Spieler mit fortgesetzter Besserwisserei. Manche nennen das prinzipientreu. Andere nennen es stur. Wie sang einst die Gruppe Fehlfarben: „Und wenn die Wirklichkeit dich überholt, hast du keine Freunde, nicht mal Alkohol.“ Viele Freunde hat Labbadia in Hamburg zurzeit gerade nicht. Über seinen Schnapskonsum wissen wir nichts, doch es sieht so aus, als ende seine zweite Station in der Bundesliga so wie die erste in Leverkusen: mit einem trostlosen Mittelfeldplatz nach euphorischem Beginn, zerstrittenen Kickern und wütenden Fans. Eines aber wird man dem unglücklichen Mann nicht anhängen können. Sollte der Hamburger SV am nächsten Donnerstag gegen den FC Fulham im Elfmeterschießen rausfliegen, wird nicht Labbadia schuld daran sein. Der schießt ganz bestimmt nicht mehr.

Jens Kirschneck

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