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Sport: Strenge Visapraxis für Besucher

Deutsche Botschaften sollen scharf kontrollieren

Berlin - Jürgen Rollmann hat früher Bälle gehalten. Heute hält er Vorträge. Der einstige Fußball-Torwart ist inzwischen Koordinator der Bundesregierung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. In dieser Funktion hat er sich angewöhnt, unaufgeregt Dinge zu erklären, die politisch sehr sensibel sind. Ein Beispiel ist folgende Aussage von ihm: „Wer eine Eintrittskarte für die WM erworben hat, besitzt damit noch lange keinen Anspruch auf eine Einreise nach Deutschland. Werden die gesetzlichen Fristen und Bedingungen nicht eingehalten, wird auch kein Visum erteilt.“

Jürgen Rollmann sitzt im Bundesinnenministerium am Berliner Spreebogen, auf seinem Schreibtisch türmen sich Akten, von den Wänden grüßen bunte WM-Plakate mit dem offiziellen Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Genau in diesem Ausspruch liegt ein Arbeitsproblem von Rollmann, denn einerseits will sich der Gastgeber weltoffen präsentieren. Die Regierung hat deshalb die Garantie abgegeben, Visa „schnell und serviceorientiert“ zu vergeben. Andererseits steht diesem Gedanken die Sicherheit des Turniers entgegen. Bis Ende November will die Regierung ein Visakonzept verabschieden, das beiden Seiten gerecht wird. Rollmann umschreibt das Problem so: „Der Slogan ,Die Welt zu Gast bei Freunden‘ beinhaltet auch, dass Gäste einen Anspruch auf sichere Spiele haben.“

Von den neben Gastgeber Deutschland 26 bisher qualifizierten Ländern (siehe Grafik unten) sind zehn visumpflichtig. Zu ihnen gehören alle afrikanischen Staaten sowie aus Europa Serbien-Montenegro und die Ukraine und aus Asien Iran und Saudi-Arabien. Noch vor der WM-Gruppenauslosung am 9. Dezember in Leipzig werden die deutschen Botschaften und Auslandsvertretungen über die Bestimmungen zur Visavergabe und zum Zoll informiert. „Damit weiß jeder etwa in Togo oder Tunesien, welche Fristen bei der Visaerteilung zu beachten sind“, sagt Rollmann. „Wer zu spät kommt, kann nicht berücksichtigt werden.“ Sollten sich in den Ausscheidungsspielen noch Bahrain und die Türkei qualifizieren, gelten die strengen Regeln auch für diese Länder. Ob aus Sicherheitsgründen zur WM auch das Schengener Abkommen über den freien Reiseverkehr innerhalb Europas ausgesetzt wird, wollen die Behörden erst im Mai 2006 entscheiden.

Rollmann hält derzeit viele Vorträge vor Diplomaten und Repräsentanten ausländischer Regierungen. „Ich habe inzwischen mit mehr südafrikanischen Ministern gesprochen als mit deutschen“, sagt er und gönnt sich ein Lachen. Oft wird Rollmann die Frage nach Erleichterungen bei der Visaerteilung gestellt. Doch Zusagen kann er den erwarteten 1,5 Millionen ausländischen Gästen nicht machen. Stattdessen sind im WM-Visakonzept strenge Kriterien vorgeschrieben, um die Identität eines Antragstellers zu überprüfen, etwa Geburtsdatum oder Passnummer. Ein Ausweis allein reicht laut Rollmann nicht: „Es gibt ja Länder, in denen Personaldokumente in nicht unwesentlicher Zahl gefälscht werden.“

Zusätzliche Beamte für die Visaerteilung wird das Auswärtige Amt nach Angaben der Regierung nicht einstellen. „Der Ansturm zum Weltjugendtag wurde auch mit den vorhandenen Kräften hervorragend bewältigt“, sagt Rollmann. Doch gerade hier gab es Probleme. Denn hunderte Pilger etwa aus Kamerun, Togo und den Philippinen durften in diesem Sommer nicht zum Kirchentreffen nach Köln reisen, weil ihnen die deutschen Botschaften keine Visa erteilten. Selbst Einladungen von katholischen Kirchengemeinden nützten nichts.

Auf harte Kontrollen muss sich nun der Fußball-Weltverband Fifa einstellen. Die so genannte Fifa-Familie von etwa 1000 Funktionären und Organisatoren muss sich dem Anspruch unterwerfen, „dass wir alle Personaldaten genau prüfen“, wie Rollmann sagt. Auch Mannschaftsdelegationen werden kritisch überprüft. „Eine Delegation, die das von der Fifa bestimmte zulässige Teilnehmerkontingent überschreitet, wird den Behörden schwer zu vermitteln sein.“

Jürgen Rollmann hält schon lange keine Bälle mehr.

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