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Sport: Stuttgarts Trainer Ralf Rangnick ist der Einzige beim VfB, der sich mit Krassimir Balakow anlegt

Andere Klubs wollen an die Börse gehen, der VfB Stuttgart geht am Stock. Für Ralf Rangnick, den Trainer der Schwaben, ist das eine bittere Wahrheit.

Andere Klubs wollen an die Börse gehen, der VfB Stuttgart geht am Stock. Für Ralf Rangnick, den Trainer der Schwaben, ist das eine bittere Wahrheit. Die finanzielle Situation des Fußball-Bundesligisten erlaubt es nur, dass er seine Mannschaft in der kommenden Saison auf zwei Positionen mit ablösefreien Spielern aus der zweiten Liga ergänzen kann. Überhaupt hat es Rangnick schwer. Ihm haftet seit seiner taktischen Vorlesung im "Aktuellen Sportstudio" das Etikett "Fußball-Professor" an. Und er kämpft gegen den Vorwurf, er könne nicht mit Stars umgehen. Seine schärfsten Kritiker auf dem Cannstatter Wasen werfen ihm sogar vor, er wolle Krassimir Balakow mobben, weil der Bulgare nicht in sein 4:4:2-System passe.

Drei Tage vor der Partie gegen Hertha BSC am Sonnabend kam es zu einem neuen Höhepunkt in der Dauerfehde zwischen Rangnick und Balakow, bisher Kapitän der Mannschaft. Der Trainer entmachtete ihn als Spielführer. Es seien Dinge passiert, "die mir keine andere Wahl lassen", begründete Rangnick. Nachdem der Bulgare am letzten Sonnabend bei Schalke (0:3) zur Pause ausgewechselt worden war, soll er in den Katakomben getobt und Rangnick beschimpft haben. Die Entmachtung kam für Balakow keineswegs unerwartet. "Die Geschichte zeigt mir, dass mir der Trainer kein Vertrauen mehr gibt. Ich spüre schon seit langem, dass das nicht mehr da ist."

Nicht nur zwischen dem Mittelfeldstar und seinem 41-jährigen Trainer ist das Vertrauen gestört. Wenn es stimmt, was man sich in Stuttgart erzählt, dann ließ sich Rangnick vom VfB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder nur deshalb nach Stuttgart lotsen, weil der ihm das Blaue vom Himmel versprochen hat. Alle wichtigen Spieler (Bobic, Verlaat, Akpoborie) sollten gehalten werden. Zudem dürfe Rangnick 20 Millionen Mark für neue Spieler verprassen. Eine verlockende Aussicht. Doch Rangnick merkte sehr schnell, dass dieses wundervolle Land jenseits des Regenbogens lag. Die Realität sah anders aus. Bobic, Verlaat und Akpoborie verließen den Klub. Rangnicks tolle Einkaufsliste mit Namen wie LeBoef, Dessaily, Deschamps oder Herrlich war reif für die Ablage P. P gleich Papierkorb. "Es stimmt schon, ich kam unter völlig anderen Vorzeichen zum VfB. Aber ich habe kein Problem damit und will nicht klagen. Das Wichtigste ist jetzt, dass alle zu dieser Situation stehen."

Beim VfB wurde der Weg der Bescheidenheit ausgerufen. Da passen Stars nicht mehr ins Konzept. Die neue Situation des VfB ist mit der des SSV Ulm oder des SC Freiburg vergleichbar: kaum Geld, bescheidene Ziele, der Star ist die Mannschaft. "In der neuen Saison können wir uns sicher nicht über die Qualität der Einzelspieler verbessern", sagt Rangnick. Dass er damit zwangsläufig mit dem gewachsenen Anspruchsdenken im Umfeld und den stets großen Plänen des Präsidenten Meyer-Vorfelder kollidiert, ist nicht zu ändern. MV träumt immer noch gerne von der Champions League und negiert die Ebbe in der Kasse hartnäckig: "Wir haben kein Finanzproblem."

Aber auf eine Illusion mehr oder weniger kommt es beim VfB auch nicht mehr an. "Wenn sich an dieser schweren Situation etwas ändern soll, dann nur, wenn zusätzlich Geld reinkommt", sagt Rangnick. Das schmerzt. Und immer wenn es beim VfB weh tut, ist eben Krassimir Balakow nicht weit. Seine 6,5 Millionen Mark Gehalt lähmen den Verein. Seine Eskapaden und Ausfälle spalten den Klub. Kurzum: Der Star soll gehen, will aber nicht. Der Vertrag läuft bis 2002. Das Problem scheint unlösbar. Der Hintergrund: Dusan Bukovac soll am Jahresgehalt seines Klienten Balakow partizipieren. Der Berater mit extremem Einfluss auf Balakow wäre kein guter Geschäftsmann, wenn er sich ohne Schmerzensgeld aus dem schwäbischen Paradies vertreiben ließe.

Keiner traute sich bisher an Balakow und Bukovac heran. Bis Rangnick kam. Er ist der Einzige, der es wagt, sich mit der Diva vom Balkan anzulegen. Doch völlig out ist Balakow nicht - gegen Hertha BSC wird er spielen. Von Anfang an.

Bernie Haustein

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