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Sport: Süchtig nach Zahlen

Nehmen wir nur einmal diese Meldung: Die Basketballer der San Antonio Spurs sind also derzeit das einzige auswärts ungeschlagene Team der NBA, haben mit sieben Erfolgen in fremder Halle einen Rekord für das eigene Unternehmen aufgestellt und – jetzt kommt’s – sie sind „die vierte Mannschaft in zehn Jahren, die mit sieben oder mehr Siegen in die Saison startete“. Gut zu wissen, oder?

Nehmen wir nur einmal diese Meldung: Die Basketballer der San Antonio Spurs sind also derzeit das einzige auswärts ungeschlagene Team der NBA, haben mit sieben Erfolgen in fremder Halle einen Rekord für das eigene Unternehmen aufgestellt und – jetzt kommt’s – sie sind „die vierte Mannschaft in zehn Jahren, die mit sieben oder mehr Siegen in die Saison startete“. Gut zu wissen, oder?

Noch ein Beispiel. In der Major League Baseball haben die Diamondbacks gerade Johnny Estrada an die Brewers weitergereicht. Nun kennen selbst in den USA nicht alle Baseball-Fans Herrn Estrada, deshalb werden sie aufgeklärt durch den Zusatz, dass er in der abgelaufenen Spielzeit einer von sieben Spielern war, die bei wenigstens 100 Starts den Ball wenigstens in 30 Prozent aller Fälle trafen. Und dann schreibt das Sportmagazin „Espn“: „Das war erst das dritte Mal in der Geschichte der Major League, dass es sieben solcher Spieler gab. Es passierte auch 1921 und 1922.“ Vielen Dank auch dafür.

Die US-Sportberichterstattung wimmelt von solchen Statistiken, sinnvollen und nutzlosen. Wie es scheint, sind Moderatoren, Reporter, Zuschauer und Leser gleichermaßen süchtig danach. Jeder Schritt wird vermessen, jeder Wurf verglichen mit Daten aus der Urzeit. Zur Analyse des Spiels trägt es oft wenig bei, aber immerhin gibt so etwas prima Stoff für das Gespräch am nächsten Tag. Unter den Statistiken haben diejenigen aus dem Baseball einen besonderen Stellenwert, weil sie bis Anfang 1900 zurückreichen und immer noch vergleichbar sind. Wenn man von den Zweifeln absieht, die die Verwendung moderner Dopingmittel streuten. So hatten die Baseballverrückten im Lande nach dem Skandal um das kalifornische Dopinglabor Balco mehr Angst darum, dass ihr über Jahrzehnte angestautes Zahlenwissen an Relevanz und Vergleichbarkeit verliert, als um die fatale Vorbildwirkung ihrer voll gepumpten Stars.

Wenn es um Sportarten geht, die den Amerikanern nicht so nahe sind, führt das bisweilen zu absurden Phänomenen. So waren die Moderatoren bei den Übertragungen der Fußball-WM aus dem Häuschen, wenn sie die Quoten für den Ballbesitz zweier Mannschaften verglichen. Darüber übersahen sie glatt, dass ihr Team es im gesamten Turnier gerade auf vier Torschüsschen brachte. Bleibt viel Arbeit für Jürgen Klinsmann, sollte er den Trainerjob im US-Soccer übernehmen. Immerhin würde er in seinem ersten Spiel gleich alle möglichen Rekorde aufstellen. Schließlich hat noch nie ein Deutscher mit Wohnsitz in Kalifornien eine amerikanische Mannschaft zu Sieg/Niederlage/Punktgewinn geführt bei Sonnenschein/Regen/Graupelschauern unter besonderer Berücksichtigung von …

An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten und Sebastian Moll regelmäßig Phänomene aus dem amerikanischen Sport.

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