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Tabellenführer: Hoffenheim - sie können auch Brechstange

Beim 1:1 in Gladbach zeigt Hoffenheim, dass die Mannschaft auch hässlich erfolgreich sein kann.

Ein Punkt fehlt der TSG Hoffenheim noch, aber das hinderte ihren Innenverteidiger Marvin Compper nicht, eine geradezu wagemutige Aussage zu treffen: „Absteigen werden wir wohl nicht mehr.“ 39 Punkte haben die Aufsteiger aus Hoffenheim jetzt zusammengehamstert, mit 40 gilt die Abstiegsgefahr auch der Theorie nach als gebannt, da sollte ihnen in der Tat nichts mehr passieren. Das primäre Ziel haben die Hoffenheimer vorzeitig erreicht, eigentlich könnte sich der Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga jetzt also neuen Herausforderungen stellen. „Ich hoffe, dass wir einen einstelligen Tabellenplatz behalten“, sagte Marvin Compper.

Die falsche Bescheidenheit der Hoffenheimer wirkt inzwischen ein bisschen peinlich – auch wenn ein 1:1 beim Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach auf den ersten Blick kein spitzenreiterwürdiges Resultat ist. Dessen Zustandekommen aber sprach eher für den Tabellenführer als gegen ihn: In vorletzter Minute köpfte Wellington den Ball zum 1:1 ins Tor – allerdings stand der Brasilianer zuvor im Abseits. Es war ein erzwungener Punkt, nach einer Phase deutlicher Überlegenheit und gegen massiven Widerstand. Der Ball wollte und wollte nicht ins Tor, der Schiedsrichter gab den Hoffenheimern einen Elfmeter und nahm ihn wieder zurück; da kann einen schon mal der Blues packen. Aber die TSG ließ nicht nach und wurde belohnt. „Das war für die Psyche extrem wichtig“, sagte Manager Jan Schindelmeiser.

Zwei Spieltage sind im Jahr 2009 absolviert, und jeder kann den Start der Hoffenheimer in die Rückrunde lesen, wie er will: Die Kritiker werden sagen, dass sich der Tabellenführer doch überraschend schwer getan habe gegen die beiden Abstiegskandidaten Cottbus und Mönchengladbach, Mannschaften von dürftigem Format. Selbst Schindelmeiser gab zu: „Es fehlen noch die Dynamik, Präzision und Passgeschwindigkeit im Spiel.“ Andererseits haben die Hoffenheimer den Vorsprung auf die Bayern ausgebaut, das stand schon vor deren Sonntagsspiel gegen Dortmund fest. Und auch Hertha, Leverkusen und der HSV konnten den Rückstand auf den Spitzenreiter nicht verkürzen. „Unsere Wettbewerbsposition hat sich nicht verschlechtert“, sagte Schindelmeiser.

Wertvoller als der verdiente wie glückliche Punktgewinn waren allerdings die Umstände, die dazu geführt hatten. Schindelmeiser zog aus dem Auftritt in Mönchengladbach die Erkenntnis, „dass die Mannschaft eine gewisse Konstanz hat, dass sie Spiele auch durch eine Energieleistung gewinnen kann“. Im Zweifel also sind die Hoffenheimer in der Lage, sich während eines Spiels neu zu programmieren. Sie können auch Brechstange.

„Das gehört zum Lernprozess der Jungs“, sagte Trainer Ralf Rangnick, der in der Schlussphase fünf Stürmer auf dem Feld hatte. Es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich die Hoffenheimer eines Gegners erwehren mussten, der mit Mann und Maus verteidigt, wie es die Gladbacher taten. „Fast hätten sie damit Erfolg gehabt“, sagte TSG-Kapitän Selim Teber. Aber nur fast, und es war eine passende Pointe auf dieses dreckige Spiel, dass der erst drei Minuten zuvor eingewechselte Brasilianer Wellington mit seinem ersten Bundesligator den Ausgleich erzielte. Ein Spieler, den es laut Hoffenheimer Selbstdarstellung eigentlich gar nicht geben dürfte. Die TSG besitzt ja mindestens das beste Scoutingsystem der Welt, und natürlich gibt der Klub, der wegen seiner bekannten Finanzschwäche jeden Cent zweimal umdrehen muss, keine vier Millionen Euro für einen 20-Jährigen aus, der weder technisch noch läuferisch ins System passt.

In Mönchengladbach, in den letzten fünf Minuten, passte Wellington, aber dafür mussten die Hoffenheimer erst ihr System über den Haufen werfen.

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