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EHC Eisbaeren Berlin - AEV Augsburger Panther

© ddp

Tag der Einheit: Abschied vom Ostklub

Das Publikum der Berliner Eisbären wächst und verändert sich. Für das Freundschaftsspiel gegen Tampa hatte der Klub mehr Tickets im Westen der Stadt verkauft als im Osten Berlins. Früher wäre das unvorstellbar gewesen.

Berlin - Eisbären-, Eishockey- oder Event-Fan? Die Metamorphose des Publikums von Berlins größtem Eishockeyklub hat längst begonnen. Als die Eisbären am Sonntag in der neuen Halle am Ostbahnhof gegen den US-Klub Tampa Bay Lightning spielten, wurden sogar Tore des Gegners beklatscht. Natürlich nicht von den harten Eisbären-Anhängern auf den Stehplätzen, aber auf den Polstersitzen der O2-World. Derartiges wäre im kleinen Wellblechpalast undenkbar gewesen. In der alten Arena der Eisbären waren die Stehplatzbesucher unter meist knapp 5000 Zuschauern in der Mehrheit, nun sind 2000 stehende Eisbären-Fans die Minderheit: Am Freitag werden im zweiten Heimspiel der Berliner in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen den EHC Wolfsburg (Beginn 18.30 Uhr, Verteidiger Richie Regehr fehlt wegen eines Fingerbruchs und fällt etwa sechs Wochen aus) 14 200 Zuschauer kommen. Zusammen mit dem Spiel gegen Tampa am Sonntag (11 800 Zuschauer) werden also 26 000 Menschen in Berlin binnen fünf Tagen ein Eishockeyspiel gesehen haben.

Wo kommen sie her, die neuen Zuschauer beim Eishockey? Und vor allem: Warum kommen sie zu den Eisbären? Der typische Eisbären-Fan, meist in den Ostbezirken beheimatet oder auch am Rand von Berlin, hat in der neuen Umgebung Gesellschaft bekommen – die Zuschauer kommen nun aus allen Teilen Berlins. Peter Wagenfeld, Mannschaftsleiter beim Westberliner Amateurklub FASS Berlin, sagt: „Die neue Halle liegt eben so zentral, da kann man schneller vorbeischauen als in Hohenschönhausen.“ Und vor allem ist wohl die murkelige, enge Atmosphäre im Wellblechpalast nicht jedermanns Sache gewesen. „Und an die paar Karten kam man ja eh nicht ran“, sagte ein anderer Zuschauer des Sonntagsspiels, selbst Eishockeyspieler beim SC Charlottenburg.

In der O2-World kann der Besucher räumlich Abstand zum harten Fanpublikum halten. Das Profil des Publikums habe sich schon in den ersten Spielen in der neuen Umgebung deutlich verändert, sagt Eisbären-Manager und Geschäftsführer Peter John Lee: „Beim Freundschaftsspiel gegen Tampa haben wir mehr Karten im Westen der Stadt verkauft als im Osten Berlins.“ Mehr Tickets im Westen? Die Eisbären? Früher wäre das unvorstellbar gewesen, den Eisbären haftete in ihrer alten Heimat Hohenschönhausen unabdingbar das Etikett eines Ostklubs an.

Trotzdem wird in der Stehkurve noch weiter „Ostberlin“ angefeuert und der Klub, obwohl schon seit mehr als einem Jahrzehnt unter Eisbären firmierend, als „Dynamo“ gefeiert – so hieß der Vorgängerverein in der DDR. Ob diese Fanrufe allerdings noch lange überleben werden, da ist sich nicht einmal der „Eis-Dynamo“ sicher. Das Fanmagazin, das die Eisbären seit Jahren begleitet, fragt sich in seiner 100. Ausgabe: „Sind die weinroten Dynamo-Fahnen in der Halle auf lange Sicht noch mehrheitsfähig? Oder werden sie langsam aber sicher ohne größeres Aufsehen verschwinden?“

Das wird auch damit zusammenhängen, wie sehr das Eventpublikum auch in Zukunft in die neue Arena strömt. Für die nächsten Wochen sieht es gut aus, bis Ende Oktober liegen schon jetzt die Vorverkaufszahlen bei den Eisbären bei allen Spielen bei über 10 000 Tickets. Sicher ist der anfängliche Boom aber auch dem Hallentourismus geschuldet – allerdings wohl nicht nur: Die Karten für das Konzert von Soulstar Alicia Keys am 14. Oktober verkaufen sich zäher als Eisbären-Karten, auch andere Sportveranstaltungen verkaufen sich im Vorfeld zwar gut, aber nicht durchweg so gut wie das Eishockey.

Allerdings helfen die Eisbären auch nach, über 15 000 Gutscheine für Spiele haben sie über einen Lebensmitteldiscounter verscherbelt und für das beim Publikum weniger attraktive Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen das finnische Team Kärpät Oulu wurden 500 Freikarten verteilt. Aber das gehört wohl dazu, um neue Kunden zu gewinnen.

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