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Sport: Technik, die selten begeistert

Mit insgesamt vier Medaillen haben die deutschen Fechter bei der Weltmeisterschaft in Leipzig nicht mehr als ihre Pflicht erfüllt

Imke Duplitzer konnte in der Nacht zum Samstag nur mit Schmerzmitteln schlafen. Der Rücken ist lädiert, der Schmerz strahlt bis zum Oberschenkel aus. Schon am späten Freitagnachmittag spürte sie, wie das Knie dick wurde, als sie auf einem Stuhl saß. Aber da war es ihr egal, sie wartete schließlich auf die Siegerehrung. Die Degenfechterin Duplitzer hatte mit Claudia Bokel, Britta Heidemann und Monika Szanska Bronze in der Mannschaft gewonnen. Die dritte deutsche Medaille bei der Fecht-Weltmeisterschaft in Leipzig. Die vierte und letzte holte am Samstagnachmittag das Florettteam der Männer, das sich ebenfalls Bronze sicherte.

Für Imke Duplitzer war ihre Bronzemedaille „eine Genugtuung, aber das andere hängt mir schon noch nach“. Das andere ist ihr blamables Ausscheiden im Einzel gegen die Weltranglisten-343., eine Japanerin. Ihren Teamkolleginnen hing ebenfalls einiges nach, ähnliche Misserfolge im Einzel. Da war klar, dass diese deutsche Mannschaft mit aufgestauter Wut in diese Finalkämpfe gehen würde. Und dieser unbedingte Siegeswille hatte viel damit zu tun, dass Deutschland im Kampf um Platz drei endlich einmal Russland besiegte (26:22). Jene Mannschaft, gegen die Deutschlands Degen-Equipe bei vergangenen Großereignissen dreimal gescheitert war. Erst in den letzten 20 Sekunden im letzten Gefecht sicherte Duplitzer gegen Anna Siwkowa den Sieg.

Vor allem aber sicherte sie damit eine gerade noch positive Bilanz des Deutschen Fechter-Bundes (DFB). Vier Medaillen (Anja Müller, Silber im Florett, Silber für das Degen-Männerteam, Bronze für die Frauen und das Florett-Männerteam), das ist nicht viel mehr als die klassische Pflichterfüllung. Vor allem Duplitzer und die Degenfechter hatten schließlich getönt, sie wollten im Einzel unbedingt eine Medaille gewinnen. „Imke hat sich damit wohl zu sehr unter Druck gesetzt“, sagt Ralf Bißdorf, der 34 Jahre alte Florettfechter aus Heidenheim. Der Weltranglistendritte schied im Einzel allerdings selbst schon früh aus.

Jetzt, am Ende der Titelkämpfe, entdecken die Funktionäre des DFB plötzlich den Zeitpunkt der WM als Problem. „Wir wollten die WM nicht in einem nacholympischen Jahr ausrichten. In so einem Jahr sollte man sich eigentlich erholen. Da ist es schwierig, alle wieder zur Höchstleistung zu bringen“, sagte Delegationsleiter Wilfried Wolfgarten. Aber es sei nicht anders gegangen. 2006 ist die Fußball-WM, 2007, ein Jahr vor Olympia, wäre auch nicht gut gewesen. Auch Duplitzer klingt auf einmal ziemlich erschöpft: „Nach Olympiavorbereitung und Olympia muss man im dritten Jahr vielleicht ein bisschen auslüften.“

Bestimmt, anderen Nationen geht es ähnlich. Aber der Zeitpunkt der WM kann ein paar elementare Schwächen der Deutschen nicht erklären. Zum Beispiel die eklatante Nervenschwäche in der Verlängerung. Da stehen sich die Duellanten gegenüber wie Western-Held Gary Cooper seinem Rivalen bei High Noon, ein Stoß entscheidet, wer kaltblütiger ist, gewinnt. Die Deutschen haben in Leipzig meist verloren. „Habe ich eine Antwort, wie man diese Schwäche beheben kann?“, fragte DFB-Sportdirektor Claus Janka. „Nein, ich habe keine.“

Andererseits, es gibt auch positive Nachrichten. Ausgerechnet die vermeintlich schwächsten Waffen überzeugten in der ersten Hälfte der WM. Die Florettfechterinnen und die Säbelfechter sind in der Förderstufe weit abgerutscht, aber Müller gewann Silber, und Nicolas Limbach (Dormagen) verpasste im Säbel-Einzel nur ganz knapp eine Medaille. Limbach ist 19 Jahre alt, er ist Junioren-Weltmeister, er könnte die Schwäche im Säbel zumindest abmildern. „Er hat eine perfekte Technik“, sagt Bundestrainer Joachim Rieg. „Und er ist taktisch sehr gut.“ Ein bisschen viel Euphorie bei einem, der nicht mal ins Halbfinale gekommen ist. Aber man muss Rieg auch verstehen. Er musste mit Schlimmerem rechnen.

Imke Duplitzer jedenfalls wird die WM sehr schnell abhaken: „Ich gehe jetzt in den Urlaub.“

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