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Winken tut weh. Sabine Lisicki beim Abschied aus Melbourne.

© AFP

Tennis: Australian Open: Sabine Lisicki und das Dauertief

Sabine Lisicki wollte bei den Australian Open angreifen. Doch nun ist sie schon draußen, trotz eines neuen Trainers. Doch Christopher Kas sollte ihr nun schnell helfen - viele Chancen wird die Berlinerin nicht mehr bekommen, um ihrer Karriere eine Wende zu geben.

Auch zwei Stunden nach ihrer bitteren Erstrundenniederlage bei den Australian Open waren die Augen von Sabine Lisicki immer noch vom Weinen gerötet, sie rang nach Fassung. "Ich bin so enttäuscht", meinte die 25 Jahre alte Berlinerin in den Katakomben der Rod-Laver-Arena, "ich wollte unbedingt zeigen, dass ich es kann und habe verkrampft." So schied sie gegen die Französin Kristina Mladenovic mit 6:4, 4:6 und 2:6 aus und blieb frustriert und ratlos zurück. Wenig später schlich auch Angelique Kerber mit hängendem Kopf und roten Augen zur Pressekonferenz. Die Weltranglistenneunte war gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu mit 4:6, 6:0 und 1:6 hoffnungslos unterlegen war. "Das war einer meiner schlechtesten Tage", beklagte Kerber, die tags zuvor 27 Jahre alt geworden war, "leider passiert es mir am ersten Tag eines Grand Slams."

Seit Wimbledon 2011 ist die beste deutsche Spielerin bei keinem Major-Turnier mehr so früh gescheitert. Auch Kerber war zutiefst enttäuscht und ratlos, suchte wie Lisicki nach Erklärungen für den so überraschend schwachen Auftritt in Melbourne.

"Ich brauche sicher ein paar Tage, um das sacken zu lassen", sagte Kerber, die in der Vorwoche in Sydney noch bis ins Halbfinale gestürmt war, "dann analysiere ich das Match mit meinem Trainer. Hoffentlich finde ich so heraus, was los war." Ähnlich formulierte Lisicki ihren notgedrungenen Plan, und der neue Trainer war dabei ihr Stichwort. Denn Christopher Kas, der ehemalige Davis-Cup-Spieler und Doppelspezialist, ist nun also ganz offiziell an Lisickis Seite.

In den vergangenen Wochen hatte sie unnötiger Weise ein Geheimnis um diese Personalie gemacht. Auch jetzt wollte Lisicki weiter keinerlei Angaben dazu machen, wie lange die vertragliche Vereinbarung zwischen ihnen gelte. Doch eines betonte Lisicki: Für Kas hatte sie besonders gut spielen, ihm demonstrieren wollen, was sie im Training erarbeitet hatten. "Aber ich konnte einfach nichts umsetzen", bemängelte sie, "ich war unsicher und mir hat die Lockerheit und Coolness gefehlt." Vor allem dann, wenn der Gegnerin ein guter Punkt gelang, war jene Abgeklärtheit sofort weg. Dann wurde die Berlinerin hektisch und unruhig, produzierte zu viele Fehler - ihre 39 neutralisierten ihre 35 Winner somit fast. Sie wollte zu schnell zu viel. "Meine Lockerheit muss einfach zurückkommen", resümierte Lisicki, "die Freude am Tennis muss wieder in den Mittelpunkt."

Dafür scheint Kas genau der richtige zu sein. Bei der erfolglosen Odyssee durch die verschiedensten Trainer-Stationen hatte Lisicki zumindest herausgefunden, was sie wirklich braucht, um es vielleicht doch noch in die Top Ten zu schaffen. Einen Coach, dem sie vertraut, mit dem die Chemie stimmt und der mit einer Portion Humor die harten Trainingseinheiten auch mal auflockern kann. "Wir haben uns seit Olympia super verstanden", sagte Lisicki, die mit Kas in London 2012 im Mixed knapp die Bronzemedaille verpasste. Kas glaubt an das Potenzial der Berlinerin, daran wird auch der bittere Rückschlag in Melbourne nichts ändern. Die ersten Maßnahmen des 34-Jährigen scheinen zu greifen, auch wenn sie bisher bloß im Training sichtbar waren: größere Schlagsicherheit, aggressives Spiel, Konzentration auf das Wesentliche.

Doch es bleibt abzuwarten, wie viel Geduld Lisicki aufbringt, Kas auf diesem Weg weiter zu vertrauen, sollten die positiven Ergebnisse nicht zügig folgen. Ihre letzten Trainer hatten lediglich eine Halbwertzeit weniger Wochen. Dieses Mal sollte Lisicki jedoch bei aller Enttäuschung weitsichtiger handeln. Denn die Fachkompetenz von Kas ist unbestritten, und er gehört sicherlich zu den wenigen Menschen im Tennis, die überhaupt einen Zugang zu Lisicki finden. Sehr viele Chancen wird die Berlinerin nicht mehr bekommen, um ihrer Karriere noch eine Wende zu geben. Diese sollte sie besser nutzen.

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