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Hoffnung in Pink. Florian Mayer schaffte es zumindest ins Halbfinale und lockte viele Zuschauer an. Das Stadion erwies sich dennoch einmal mehr als zu groß. Foto: dpa

© dpa

Tennis: Großbaustelle Rothenbaum

Gespielt wird in einem halbleeren Stadion, der Sieger kommt aus dem wenig glamourösen Kasachstan: Michael Stich kämpft um sein Turnier.

Gleich mehrmals täglich flimmerte Michael Stich in dieser Woche über die großen Videowände am Hamburger Rothenbaum. Mit dem hauseigenen Kamerateam war der Turnierdirektor auf der Anlage unterwegs und schaute überall mal vorbei. Im Schiedsrichterbüro, beim Fahrservice, der die Spieler unentwegt umherkutschiert, bei der netten Dame von der Wäscherei, die schon vor 30 Jahren hier war und bereits für Steffi Graf die Röcke gestärkt hat. Ein wenig kommt Stich dabei rüber wie Peter Lustig damals in seinen Kindersendungen. Stich erklärt uns also den Rothenbaum hinter den Kulissen. Die Idee ist gut, hätte man nur nicht stets den Eindruck, dass es mehr um seine Person als um die Sache geht. Stich ist omnipräsent, macht die Rettung der Traditionsveranstaltung zur Chefsache. „Ich glaube, dass wir hier schon einen sehr guten Job gemacht haben“, betont der 41-jährige Stich. Doch der Rothenbaum bleibt weiter eine Großbaustelle, wenn die Aussichten auch nicht mehr so düster scheinen.

Als Gesellschafter der Firma Hamburg Sports Entertainment (HSE) ist Stich Mitveranstalter der German Open, die vor einem Jahr vom Masters zu einem 500er-Event abgewertet wurden. Seither wird Ende Juli auf Sand gespielt, wenn das Gros der Akteure sich schon in Richtung der amerikanischen Hartplatzturniere aufmacht. Für hohe Antrittsgagen ist kein Geld da, und so kommen Stars eben nicht mehr. „Wir sehen sportlich sehr gutes Tennis“, sagt Stich, „aber viele Menschen kennen die Spieler hier nicht, weil sie nicht unter den Top Five stehen.“ Auch in Hamburg muss um die Zuschauer gekämpft werden, mehr als 60 000 waren es in dieser Woche. Dass es in Florian Mayer zumindest einer der elf angetretenen Deutschen ins Halbfinale schaffte, sorgte zusätzlich für Aufschwung und Stimmung auf der Anlage.

„Es hat gezeigt, dass schon ein Deutscher, der weit kommt, extrem viel ausmacht“, sagt Stich, der sich auch im Finale Lokalkolorit gewünscht hätte. Ein Sieg des Niederösterreichers Jürgen Melzer, den die Zuschauer nach seinem Wimbledonsieg an der Seite von Philipp Petzschner ein wenig adoptiert haben, hätte versöhnlich gestimmt. Doch Melzer unterlag dem Kasachen Andrej Golubjew mit 3:6 und 5:7. Bei sonnigem Wetter verfolgten gut 8000 Zuschauer eine ansprechende Partie – dennoch wirken die Tribünen immer halb leer. Stich muss die Fehler der Vergangenheit ausbaden, als vom Deutschen Tennis-Bund (DTB) zu Zeiten von Becker, Graf und ihm selbst geklotzt wurde. Der Center Court bekam ein teures Dach, die Ränge wurden für fast 13 000 Zuschauer ausgebaut. So viele kamen selbst für Federer und Nadal nicht.

In dieser Woche ließ sich auch kein einziger Vertreter der Stadt Hamburg am Rothenbaum blicken, um sich ein Bild von den durchaus positiven Veränderungen zu machen, die Stich initiierte. Schließlich werden die German Open mit 200 000 Euro von der Stadt unterstützt. Doch nur noch dieses Mal. Stich hofft, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, denn: „Das würde ein riesiges Loch in unser Budget reißen.“

Auch vom DTB gibt es keine Unterstützung mehr. Dass Präsident Georg von Waldenfels nicht einmal zum Finale erschien, hinterließ einen faden Beigeschmack. „Wir geben nicht auf, wir machen auf jeden Fall weiter“, erklärte Stich kämpferisch. Sein Vertrag läuft noch ein weiteres Jahr. Langfristig kann er nicht denken, denn die potenziellen Sponsoren tun es in diesen wirtschaftlich schweren Zeiten auch nicht. So fehlt Stich vor allem ein Titelsponsor. Ob er es mit dem Budget von 3,2 Millionen Euro auf die schwarze Null schaffte, ließ er offen: „Ich bin eigentlich nie zufrieden, es gibt noch viel Arbeit.“

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