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Nadal

© AFP

Tennis: Ob Sand, ob Rasen

Rafael Nadal löst Roger Federer als Nummer eins der Tennis-Weltrangliste ab – weil er es geschafft hat, nicht mehr nur auf einem Belag zu dominieren.

Auf der einen Seite Rasen, auf der anderen Asche. Ein geteilter Platz mit zwei Belägen auf beiden Seiten des Netzes. Die Kontrahenten: Roger Federer und Rafael Nadal. Der Rasenkönig aus der Schweiz gegen den spanischen Sandplatzspezialisten. Zu diesem originellen Showkampf hatten private Veranstalter im Mai 2007 eingeladen. Eine Werbeaktion, die zeigen sollte: Jeder der beiden Tennisprofis war auf seinem Belag die Nummer eins. Federer, der fünfmalige Wimbledonsieger, auf Rasen – Nadal, der viermalige French Open Gewinner, auf der roten Asche. Die Frage, die die Tennisszene seit drei Jahren beschäftigte, war, wer es wohl zuerst schaffen könnte, den anderen auf seinem Lieblingsbelag zu schlagen. Weil die Sandplatzsaison sehr kurz ist und Federer auch auf den anderen schnellen Belägen dominierte, führt der Schweizer die Tennisweltrangliste seit dem 2. Februar 2004 an, Nadal lauert seit dem 25. Juli 2005 hinter ihm auf dem zweiten Rang. Seit gestern steht nun fest: Rafael Nadal wird die neue Nummer eins, Roger Federer ist nach viereinhalb Jahren enttrohnt.

Offiziell vollzogen wurde die Ablösung in der Nacht zum Samstag beim Masters-Turnier in Cincinnati. Nachdem Federer im Viertelfinale gegen den Kroaten Ivo Karlovic verloren hatte, reichte Nadal der Einzug ins Halbfinale durch den Sieg über Nicolas Lapentti aus Ecuador, um die Spitze der Weltrangliste zu erklimmen. Offiziell geführt wird Nadal dort spätestens nach den Olympischen Spielen, weil Federer dann seine Weltranglistenpunkte aus dem vergangenen Jahr verliert. Gewinnt Nadal heute das Turnier, wird er bereits in der kommenden Woche Spitzenreiter sein. Fest steht: Federer kann das nicht mehr verhindern.

Das Duell zeichnete sich immer durch die Verschiedenheit seiner Protagonisten aus. Federer, der stille Gentleman, gegen den muskelbepackten Nadal. Zwei Typen, deren Spielanlage völlig unterschiedlich ist: Der 26-jährige Federer agiert mit eher klassischen Grundschlägen, der einhändigen Rückhand und sucht den Punktabschluss mit dem Volley, während der gerade 22 Jahre alt gewordene Linkshänder Nadal vorwiegend von der Grundlinie spielt und das spanische Powertennis mit hohen Top-Spin-Schlägen und beidhändiger Rückhand perfekt beherrscht.

Auch deshalb sah es lange Zeit so aus, als könne Nadal nur auf Sand große Erfolge feiern, wie es typisch für Spanier ist. Seinen ersten French-Open-Titel holte der Mallorquiner 2005, nur ein paar Tage nach seinem 19. Geburtstag. Schnell war klar, dass er die Sandplätze dominieren würde, zumal Federer zwar schon die Nummer eins war, jedoch auf Asche nie wirklich zurecht kam. So teilten sich die beiden ihre Titel bei den French Open und in Wimbledon auf – Federer fünfmal in Folge in Wimbledon (2003 bis 2007) und Nadal viermal in Folge in Paris (2005 bis 2008). Seit drei Jahren standen sie sich jeweils im Finale gegenüber, erstaunlicherweise trafen sie nie bei einem der anderen Grand-Slam-Turniere je aufeinander, die meist Federer für sich entschied. Auf ihren Lieblingsbelägen schienen sie sich anzunähern, Federer arbeitete an seinem Spiel auf Sand, Nadal an seinem Netzspiel. Im vergangenen Jahr schaffte Federer in Hamburg den ersten Sieg gegen Nadal auf Asche, dieser konnte den Schweizer im Gegenzug in Wimbledon zumindest in den fünften Satz zwingen, verlor jedoch. Noch, wie man heute sagen muss.

Denn in diesem Jahr änderte sich einiges. Federer verlor im Januar im Halbfinale der Australien Open, kämpfte mit Pfeifferschem Drüsenfieber und wirkte plötzlich nicht mehr so unbesiegbar wie zuvor. Der hinter ihm lauernde Nadal hingegen wurde immer stärker. Wieder standen sich die beiden im French-Open-Finale gegenüber. Es wurde zu einer Demütigung für den Schweizer: Mit 6:1, 6:3 und 6:0 fegte Nadal ihn vom Platz, keine Spur mehr von Ebenbürtigkeit. Die eigentliche Ablöse aber vollzog sich am 6. Juli in Wimbledon. Nach 65 Siegen in Folge auf Rasen verlor Federer das Finale in einem Fünfsatzkrimi. Die Revanche des Schweizers blieb in diesem Jahr aus. Federer konnte nur noch gratulieren: „Nadal verdient es, die neue Nummer eins zu sein.“

Das Duell bleibt dennoch spannend, schon in Peking könnten die beiden erneut aufeinander treffen. Federer wird wieder angreifen. An die Rolle des Verfolgers aber muss er sich erst gewöhnen.

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