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ATP-Masters Cup in Shanghai - Gilles Simon

© dpa

Tennis-WM: Simon schlägt Federer

Der Nachrücker zaubert: Gilles Simon überrascht beim Masters Cup in Schanghai Favorit Roger Federer. Dabei sollte der Außenseiter eigentlich gar nicht beim Turnier starten.

Das Ungewöhnliche an Gilles Simon ist, dass er so gewöhnlich ist. „Es ist nicht üblich für einen Tennisspieler, so normal und bescheiden zu sein wie er“, sagt sein Trainer Thierry Tulasne. Er hat in seiner aktiven Zeit gegen so schillernde Figuren wie John McEnroe, Boris Becker oder Yannick Noah gespielt. Der ruhige Gilles Simon hingegen ist mit einer Größe von 1,81 Metern, 69 Kilogramm und einer Allerweltsfrisur in jeder mitteleuropäischen Fußgängerzone nur schwer auszumachen. Das ändert sich erst, wenn er seinen Tennisschläger auspackt.

Simon hat Federer bereits zum zweiten Mal in dieser Saison besiegt

Am Montagabend beim Masters Cup in Schanghai hat der 23 Jahre alte Gilles Simon zum zweiten Mal in dieser Saison Roger Federer bezwungen. In einem von Fehlern dominierten Match bezwang er überraschend die Nummer zwei der Weltrangliste mit 4:6, 6:4, 6:3. „Zwei Millionen mehr“, rief eine Handvoll französischer Fans im Qi-Zhong-Stadion, was allerdings nicht ganz richtig war. Gilles Simon erhielt für seinen Sieg immerhin 100 000 Dollar und erhöhte seine Chancen, beim Turnier der besten acht Tennissspieler ins Halbfinale einzuziehen. Doch auch der Turnierfavorit und viermalige Masterssieger Roger Federer hat aufgrund des Gruppenmodus noch Chancen weiterzukommen. Im letzten Jahr ist er ebenfalls mit einer Niederlage gestartet – und siegte trotzdem. Andy Murray bezwang im zweiten Match des Tages Andy Roddick mit 6:4, 1:6, 6:1.

„Gegen Murray und Roddick ist Gilles Simon nur Außenseiter“, sagt Thierry Tulasne, „daran ändert auch der Sieg gegen Federer nichts.“ Sein Trainer charakterisiert ihn als sehr bescheidenen Spieler, der in seiner Freizeit Klavier spielt und sich für Politik interessiert. Eigentlich dürfte Gilles Simon als Nummer neun der Weltrangliste am Masters Cup gar nicht teilnehmen, doch er profitierte von der verletzungsbedingten Absage der Nummer eins, Rafael Nadal. „Ich bin einfach nur glücklich hier zu sein, ich nehme das als gute Erfahrung“, sagte Gilles Simon. Er hatte auch das Glück, dass Roger Federer aufgrund seiner gerade überstandenen Rückenverletzung gestern noch nicht im Vollbesitz aller Kräfte war. Der Schweizer schlug nur drei Asse. „Sein Aufschlag war ein bisschen langsamer als gewöhnlich“, sagte Gilles Simon, „das hat es ein bisschen leichter für mich gemacht – aber nicht viel.“

Federer war nach seiner Verletzung noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte

Tatsächlich überzeugte er ab dem zweiten Satz mit seiner aggressiven Einstellung und druckvollen Rückhandschlägen. „Er ist ein ungewöhnlicher Spieler“, sagte Roger Federer, „wenn man schneller spielt, spielt er noch schneller, und wenn man langsamer spielt, wird er noch langsamer.“ Besonders im dritten Satz hatte er die richtige Antwort. Er hatte die letzten acht Punkte verloren, als er sich beim Stand von 3:3 drei Breakbällen für Federer gegenüber sah. „Das war nicht der beste Moment in diesem Match“, sagte Gilles Simon. Doch plötzlich zauberte er einen Passierball, ein Ass und einen wunderschönen Lob aus dem Handgelenk – und gewann problemlos.

Er bleibt damit der einzige aktive Spieler, der öfter als einmal gegen Federer gespielt hat und noch nie gegen ihn verlor. Seit 2005 hat er sich von Weltranglistenplatz 124 jährlich nach vorne gearbeitet. In diesem Jahr gelangte er in der zweiten Jahreshälfte durch Siege in Casablanca, Indianapolis und Bukarest sowie einer Finalteilnahme in Madrid erstmals in die Top Ten. Die ersten Drei der Weltrangliste hat er in dieser Saison bereits bezwungen. „Ihm steht für die Zukunft alles offen“, sagt sein Trainer, „er darf jetzt träumen.“

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