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Sport: Tennis: Zwei Männer und ein Baby

Andre Agassi war zum Scherzen aufgelegt. Kein Wunder, schließlich hielt der Amerikaner unter der Sonne Kaliforniens einen Silberpokal sowie einen Scheck über 54 000 Dollar in den Händen, nachdem er seinen großen Rivalen Pete Sampras im Finale des Tennisturniers von Los Angeles 6:4, 6:2 geschlagen hatte.

Andre Agassi war zum Scherzen aufgelegt. Kein Wunder, schließlich hielt der Amerikaner unter der Sonne Kaliforniens einen Silberpokal sowie einen Scheck über 54 000 Dollar in den Händen, nachdem er seinen großen Rivalen Pete Sampras im Finale des Tennisturniers von Los Angeles 6:4, 6:2 geschlagen hatte. "Ich wette hundert Dollar", sagte Agassi bei der Siegerehrung, "dass mein Baby Petes Baby schlagen wird." Die Zuschauer lachten lauthals, und Sampras machte gute Miene zum Zukunftsspiel, indem er spontan einen verbalen Return landete: "Aber was ist, wenn ich ein Mädchen bekommen sollte? Dann bin ich in ernsthaften Schwierigkeiten."

Sampras, der wohl beste Tennisspieler aller Zeiten, und seine Ehefrau Bridgette Wilson müssen erst noch eine Familie gründen, während das Paar Agassi-Graf seinen ersten Nachwuchs für den Dezember verkündete. Doch nicht nur im privaten Bereich scheint Agassi dieser Tage gegenüber Sampras die Nase vorn zu haben. Denn zwischen seinen Statements à la "Es wird ein Junge" und "Es gibt noch keinen konkreten Hochzeitstermin" vom Anfang der Turnierwoche und seiner Baby-Pointe vom Sonntag lagen erstklassige Matches mit spektakulären Ballwechseln. Sie zeigten, dass Agassi die Enttäuschung vom Halbfinal-Aus in Wimbledon gegen Patrick Rafter überwunden hat, auch wenn er bis heute nicht weiß, "wie ich den fünften Satz verlieren konnte". Abhaken, weitermachen. Das ist Agassi.

Trotz seiner 31 Jahre ist Agassi immer noch Tennis-Enthusiast, der sich für den nächsten Grand-Slam-Coup quält. Mit dem Triumph in Los Angeles stellte Agassi die Weichen für eine erfolgreiche Hartplatz-Saison, die Ende August mit einem Sieg bei den US Open gekrönt werden soll. Nicht zuletzt mit seinem Halbfinalerfolg in drei Sätzen über Gustavo Kuerten (Brasilien), dessen Siegesserie von 15 Matches riss, empfahl sich der Amerikaner für die Favoritenrolle des letzten Grand-Slam-Turniers des Jahres. "Er glaubt an sich", sagte Kuerten, "und deshalb ist er so erfolgreich."

Ob dagegen Pete Sampras an einen goldenen Herbst seiner Karriere glaubt, ist nicht leicht zu ergründen. Wie Agassi kassierte er in Wimbledon eine bittere Niederlage, als er in Runde vier gegen den Schweizer Roger Federer unterlag. "Danach war ich sehr, sehr niedergeschlagen", berichtete Sampras, um im gleichen Atemzug die ständigen Spekulationen um seinen Tennis-Ruhestand als Märchen abzukanzeln: "Die Liebe zum Tennis ist noch da, und ich möchte noch einige Jahre spielen." Sein Wunsch ist es, von ganz oben abzutreten.

Der Tennis-Thron, den im vergangen Jahr Gustavo Kuerten einnahm, ist für Sampras in weite Ferne gerückt. Momentan führt Agassi im Champions Race klar an, Sampras hat sich gerade mal vom 20. auf den 17. Rang verbessert. Nun muss er wegen einer Verletzung am linken Oberschenkel pausieren. Auch sonst ist Sampras weit von seiner Top-Form entfernt. Seine Schnelligkeit schwindet. Langsam.

Stefan Liwocha

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