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Tief im Norden: Werder Bremen und Hamburger SV kriseln

Bremens Trainer Thomas Schaaf ist sowohl bei Personal und System noch ein Suchender. Auch in Hamburg ist vor dem Nordderby im Weserstadion der Stimmungspegel gesunken.

Sein schepperndes Lachen wird der Liga irgendwie fehlen. Rolf Töpperwien, 60, in seiner 37-jährigen Tätigkeit als ZDF-Reporter tatsächlich so etwas wie eine lebende Legende geworden, findet es allerdings gar nicht lustig, unter welchen Vorzeichen am Samstagabend sein Abschiedsauftritt steht. „Als ich mich dazu entschieden habe, mit dem Spiel Werder Bremen gegen Hamburger SV Schluss zu machen, dachte ich doch, das sei ein Spitzenspiel“, erzählt der freiwillig in die Frühpension wechselnde Fernsehmann, „jetzt übertrage ich einen Krisengipfel.“

Töpperwien hat aus seiner Vorliebe für Werder Bremen nie einen Hehl gemacht. Den Hamburger SV mag er längst nicht so gerne, „das geht noch auf die Zeit von Otto Rehhagel und den verstorbenen Präsidenten Franz Böhmert zurück“. Sein Wunsch für das ewig junge Dauerduell im Norden? „Werder schlägt den HSV mit 3:2. Bloß kein 0:0.“ Das ist auch im 1444. Töpperwien-Spiel nicht zu erwarten, dafür sprudelten die Fehlerquellen hier wie dort viel zu ergiebig. Werders Fehlstart mit drei Niederlagen und insgesamt zwölf Gegentoren hat unter der Woche eine erneute Krisensitzung erforderlich gemacht. Auch weil Wortführer Torsten Frings ansprach, was längst offensichtlich ist: „Einige Spieler nehmen sich zu wichtig. Wir arbeiten nicht als Mannschaft.“

Trainer Thomas Schaaf ist sowohl bei Personal und System noch ein Suchender. Immerhin kehrt Per Mertesacker, zwei Wochen nach seinem Augenhöhlenbodenbruch und Bruch der Kieferhöhle zurück, dazu kommt noch Claudio Pizarro, den ein Muskelfaserriss außer Gefecht gesetzt hatte. Schaaf warnt vor übertriebenen Erwartungen: „Allein dass sie da sind, verändert nichts.“ In der Tat: Vor allem im Mittelfeld, einst Werders Paradestück, sind die Mängel offensichtlich. Null Tore, null Torvorlagen, kaum Inspiration nach vorne, mangelhafte Absicherung und Rückwärtsbewegung nach hinten. Lauf- und Passwege wirken unsortiert, ja zufällig. Außer Frings und mit Abstrichen Marko Marin bewegen sich hier die meisten Bremer Enttäuschungen, zu denen auch der brasilianische Millionenmann Wesley zählen muss. Fast trotzig spricht Vorstandschef Klaus Allofs vom „Glauben an unsere Fähigkeiten“. Und er insistiert: „Wir haben eine leistungswillige Mannschaft.“ Dummerweise war das auf dem Platz zuletzt nicht zu erkennen.

Auch in Hamburg ist der Stimmungspegel gesunken, nach zuletzt zwei Unentschieden (1:1 bei St. Pauli und gegen Nürnberg) und einer Niederlage (1:3 gegen Wolfsburg). Mittelfeldantreiber Zé Roberto fordert: „Wir müssen auf jeden Fall in Bremen gewinnen.“ Im von Trainer Armin Veh bevorzugten 4-2-3-1-System fehlt ein Spielmacher. Veh hat es mit Paolo Guerrero und Mladen Petric versucht, aber die sind beide gelernte Stürmer und auf der Position des Ballverteilers keine Ideallösung.

Wie das Nordderby ausgeht? Selten fiel die Vorhersage so schwer. Wenn Werder siegen würde, überlegt Töpperwien schon, ob er erstmals am Mikrofon seinen alten Kalauer preisgibt: „Was ist das Schönste an Hamburg? Die Autobahn nach Bremen!“

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