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Borowski

© AFP

Tim Borowski: Anderthalb Jahre ohne Sommer

Tim Borowski fiel nach der WM in eine Krise - dabei braucht ihn Bremen am Dienstag bei Lazio Rom mehr denn je. Die bevorstehende Vertragsverlängerung könnte sich noch heikel gestalten.

Wenigstens weiß Tim Borowski, worauf es heute im Olympiastadion von Rom ankommt. „Ein Sieg wäre schon wichtig“, sagt der 27-Jährige und lächelt hintersinnig. „Wir sollten intelligent spielen.“ Das hat der Bremer Mittelfeldspieler geschickt formuliert: Will Werder in der Champions League noch weiterkommen, wäre ein Sieg heute beim auf Rang 15 der Serie A zurückgefallenen Traditionsklub Lazio Rom (20.45 Uhr/live Premiere) ganz dienlich. Borowski glaubt auch zu wissen, „dass wir uns stabilisiert haben, aber mehr investieren müssen als gegen Rostock“. Am besten ginge er da selbst mit bestem Beispiel voran.

Nach seinen bisherigen acht Pflichtspieleinsätzen dieser Saison kann der 1,94 Meter große Fußballprofi den Eindruck nicht kaschieren, als böte sich im Besonderen bei ihm noch eine Menge Luft nach oben. Wenn das Land über das Sommermärchen, seine Helden und deren schweren Weg zurück in die Realität debattiert, dann müssten eigentlich nicht nur die Namen Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger fallen sondern auch der des gebürtigen Neubrandenburgers.

Als Ersatz des Kapitäns Michael Ballack im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica aufgestellt, wurde Borowski bei der WM von da an regelmäßig eingewechselt. Und lieferte zwei entscheidende Beiträge für die schwarz-rot-goldene Glücksseligkeit: Erst seine Kopfballvorlage ermöglichte Miroslav Klose das 1:1 gegen Argentinien, dann verwandelte er im Elfmeterschießen. Dem sportlichen Highlight folgte das private: Zwei Wochen nach der WM heiratete Borowski seine langjährige Freundin Lena, die er schon in seinen Bremer Internatszeiten kennenlernte.

Doch als er glaubte, diese Glückssträhne hielte an, erlitt seine Karriere einen Knick. Borowski spielte fahrig und zurückhaltend, wirkte matt und müde – und dann kamen die Verletzungen: Innenbandriss, Leistenoperation, Zehenverletzung oder Kapsel- und Außenbandriss. Seit der Weltmeisterschaft verbrachte er mehr Zeit mit den Physiotherapeuten als mit der Mannschaft – kaum war Borowski wieder auf den Beinen, traf ihn der nächste Rückschlag. Borowskis Ansichten zu diesem Thema fallen so unverbindlich aus wie derzeit sein Spiel. „Pech“, sagt er nur und zuckt mit den Schultern.

Auch auf dem Platz fällt Tim Borowski derzeit mit vielen Gesten auf, hat aber zu wenig Einfluss aufs eigentliche Geschehen. Es ist offensichtlich eine Folge der vielen Pausen, dass er noch nicht die Laufintensität, Kampfeslust und Entschlossenheit zeigt, die ein Sportler seines Ranges demonstrieren müsste. Doch gerade wegen der vielen anderen Verletzen – neben Torsten Frings hat es nun auch noch Stürmer Boubacar Sanogo für vier Wochen erwischt – wäre ein Borowski in Topform für Werder wichtig. So wie zwischen 2004 und 2006, als er in zwei Jahren nur sechs Bundesligaspiele verpasste, 17 Tore schoss, 15 vorbereitete und ernsthaft die Frage gestellt wurde, ob der großgewachsene Mann mit der hohen Spielintelligenz nicht direkt beim FC Bayern die Ballack-Nachfolge antreten sollte. Die Quote in den vergangenen anderthalb Jahren liest sich weniger eindrucksvoll: 22 Bundesligaspiele, zwei Treffer, ein Assist.

Auch deshalb ist die bevorstehende Vertragsverlängerung eine delikate Angelegenheit. Borowskis Berater Jörg Neubauer schwebt ein Aufstieg seines Mandanten unter die absoluten Topverdiener an der Weser vor. Werder würde damit zwar ein Zeichen setzen und einen weiteren namhaften Angestellten auf Dauer an sich binden. Unweigerlich würden dann allerdings auch Beschäftigte wie Petri Pasanen, Daniel Jensen oder Jurica Vranjes hellhörig. Auch ihre Kontrakte laufen aus, und sie haben seit der WM für Werder fraglos öfter gespielt – und durchaus nicht weniger erfolgreich als Tim Borowski.

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