zum Hauptinhalt
An der Spitze. Der Brite Chris Froome führt die Tour de France an und hat gute Aussichten, auch am Ende im Gelben Trikot zu sein.

© AFP

Tour de France: Chris Froome: Warten auf den Angriff

In der ersten Woche wechselte das Gelbe Trikot stetig seinen Besitzer. Vor den Bergetappen ist die Ausgangsposition für den derzeitigen Tour-Führenden Chris Froome nun aber glänzend. Es könnte langweilig werden an der Spitze.

Chris Froome jubiliert. Normalerweise wiegt ein schon vor den Bergen erobertes Gelbes Trikot schwer auf den Schultern eines Tourfavoriten. Denn es bedeutet harte Arbeit für das Team: Das Rennen muss kontrolliert werden. Jeder wartet darauf, dass die Sky-Männer zuerst in die Berge gehen. Aber Froome freut sich am ersten Ruhetag in Pau vor allem über die psychologischen Vorteile.

„Das ist ein Traumszenario. Wir haben dieses Rennen mit dem Willen begonnen, keine Zeit auf die Konkurrenz zu verlieren“, sagte der Brite im noblen Parc Beaumont in Pau, wo häufig die späteren Tourgewinner logieren. „Ich hatte oft den Anfang der letzten Tour mit den Stürzen im Hinterkopf“, ergänzte er. „Jetzt aber hat mein Team so fantastisch gearbeitet, dass wir sogar Vorsprung haben. Das ist großartig.“

Dass der derzeitige Gesamtzweite Tejay Van Garderen mit seinem BMC-Team hier ebenfalls sein Quartier aufgeschlagen hat, ist deshalb vielleicht sogar mehr als nur ein zarter Wink des Schicksals. BMC agierte ähnlich geschickt wie Sky auf den ereignisreichen Etappen des ersten Tourdrittels. Teamleader Van Garderen wurde aus den Sturzzonen weitgehend herausgehalten. BMC-Direktor Jim Ochowicz war in der Luxussituation, gegenüber dem Tagesspiegel von den „mentalen Strapazen“ zu reden, die seine Fahrer hatten, die knapp an den Stürzen vorbeigekommen sind. Mitfavorit Nairo Quintana hingegen ist am Ellenbogen bandagiert, auch Vincenzo Nibali und Alberto Contador ließen Haut auf dem Asphalt.

Niemand kann sich die schwache Form von Nibali erklären

Ganz ernst nimmt Froome Van Garderen aber noch nicht. „Wir müssen sehen, wie er über die Berge kommt“, relativierte er. Bei seiner Zwischenbilanz zeigte sich der Brite vor allem darüber verwundert, dass Titelverteidiger Nibali hinter ihm zurückliegt. „Viele haben erwartet, dass Nibali mit Vorsprung aus der ersten Woche in die Pyrenäen geht. Nun hat er aber Rückstand“, frohlockte er. Er strich den Italiener erst mal von seinem Zettel mit den ärgsten Gefahren.

Im Hause Astana ist momentan Rätselraten angesagt. Niemand kann sich erklären, warum Nibali bei den kleinen Anstiegen von Huy und Mur-de-Bretagne nicht mithalten konnte. Der „Hai von Messina“ scheint Mundfäule zu haben. Seine Bisse werden nicht mehr gefürchtet.

Respekt hat Froome hingegen vor Quintana. Das sagt er zwar nicht direkt, wer würde schon gern einen Konkurrenten starkreden? So lästerte er auf seiner Pressekonferenz zunächst über den Kolumbianer. „Wenn einer Tag für Tag Zeit verliert, dann gibt das eine negative Dynamik. Für das Team ist das nicht gut“, spielte er auf Quintanas Rückstand auf der Windkantenetappe und die beiden Zeitfahren an. Weil Quintana in diesen Teildisziplinen nicht als der Stärkste eingeschätzt wurde, ist dessen Rückstand von knapp zwei Minuten auf Froome im Bereich des Erwarteten. „Wir haben den für uns schwersten Teil der Tour gut überstanden und werden jetzt angreifen“, sagte Movistar-Teamchef Eusebio Unzue. Genau das fürchtet Froome auch. „Ich erwarte, dass Quintana jetzt beginnt, Zeit gutzumachen“, sagte er in Pau.

Der Rest der Tour könnte langweilig werden

Rätselhaft wie eine Sphinx stellt sich für ihn hingegen Alberto Contador dar. „Alberto ist jemand, der auf die Schwächen der anderen fährt“, analysierte Froome. „Er wartet auf einen Moment, an dem du seinen Antritt nicht erwartest, und nutzt das dann richtig aus.“ Als er diese Aussagen tätigte, wusste Froome allerdings noch nichts von der Krebserkrankung des Contador-Edelhelfers Ivan Basso.

Froome sieht sich selbst in einer guten Position. „Die anderen müssen angreifen, ich kann warten“, meinte er. Den nächsten Zwischenbericht will er nach den Pyrenäenetappen geben. Für die Tour wäre das ein Downer. Nur Wechsel in der Gesamtwertung machen das Rennen attraktiv. Die erste Woche hat diesbezüglich schon Maßstäbe gesetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false