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Hans Meyer

© ddp

Trainer-Entlassung: Mensch Meyer

Hans Meyer ist einer der wenigen Trainer, die sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt haben. In dem 65 Jahre alten Nürnberger Trainer verliert die Bundesliga ihren kauzigen Charakterkopf.

Berlin - Als Hans Meyer noch Trainer bei Hertha BSC war, wirkte selbst Dieter Hoeneß schmächtig. Was einiges heißen will, bei Hoeneß’ körperlichen Ausmaßen und seiner Machtfülle. Hans Meyer ist noch ein wenig mehr Mensch und einer, der nur etwas bewirken kann, wenn er uneingeschränkt wirken kann. Hans Meyer war der Einzige in den vergangenen zehn Jahren, von dem Hoeneß sich etwas sagen ließ. Nachdem Meyer im Mai 2004 Hertha vor dem Abstieg bewahrt hatte, verabschiedete Hoeneß ihn in aller Demut.

Hans Meyer hätte in Berlin weiter arbeiten können, doch Meyer lehnte ab und wollte endlich seinen Ruhestand genießen, aus den ihn Hoeneß mit Überredungskunst und viel Geld herausgeeist hatte. Umgestimmt hätte ihn nur der Fall, „wenn ich mich in einen Spieler verliebt hätte oder Dieter Hoeneß mir die Ehrenbürgerschaft Berlins besorgt hätte“, wie Meyer einmal sagte. Seine humorvolle und scharfzüngige Art gehören zu ihm wie sein pädagogisches und analytisches Geschick sowie anerkannt hohes Fachwissen. Allerdings sprachen sich seine Qualitäten erst spät herum.

Den Trainer Hans Meyer gibt es schon seit 1971. Mit 29 wurde aus dem Spieler (zweimal Meister) der erfolgreiche Trainer des FC Carl Zeiss Jena, der dreimal den FDGB-Pokal gewann. Anschließend arbeitete er in Erfurt und Chemnitz. Da nach der Wende Trainer aus der ehemaligen DDR nicht gefragt waren, wählte Meyer gezwungenermaßen den Umweg über das Ausland. Bei Twente Enschede in Holland erhielt er auch im Westen Deutschlands Beachtung. Etwas später übernahm er Borussia Mönchengladbach und führte den Traditionsverein zurück in die Bundesliga.

Sein Verhältnis zum Boulevard war nie von großer Herzlichkeit geprägt. Die Überhöhungen der medial inszenierten Fußballwelt waren ihm ein Gräuel. „Es werden ganz normale Fußballspieler, die nur ihre Leistung bringen, die im Vierteljahr mal drei Tore machen, zu Helden, Titanen und Halbgöttern stilisiert. Da werden Spieler zu etwas gemacht, das sie menschlich gar nicht rechtfertigen.“ Auch Trainer würden überschätzt, „auch wenn es offensichtlich nicht ohne geht. Der eine oder andere Spieler braucht ein bissl Führung, aber sonst?“

Das sagte Meyer dieser Zeitung wenige Tage vor seinem vielleicht größten Triumph, dem Pokalsieg im vorigen Mai mit dem 1. FC Nürnberg. „Auf der einen Seite jubeln sie dir ständig unter, was für’n Großer du bist, und fünf Tage später bist du das größte Arschloch, obwohl du den gleichen Fleiß an den Tag gelegt hast.“ Deswegen sind ihm nach dem Pokalsieg keine Freudentränen gekullert, genauso ist er nicht in Tränen ausgebrochen nach seiner jetzigen Beurlaubung.

Hans Meyer hat sein Tun im Fußball als „unglaubliches Glück“ bezeichnet. „Deshalb bin ich nie auf die Idee gekommen, dass an mir etwas besonderes ist.“ In vertrauter Runde erzählte er mal davon, wie oft er in seinem Leben an sich gezweifelt habe. Seine witzige, bisweilen ironische, sperrige und kauzige Art haben ihm als Schutz gedient. Und so war es auch in Nürnberg, wo er nach Meinung vieler Experten im November 2005 einen „hoffnungslosen Fall“ übernommen und ohne Rücksicht auf Ansehen, Namen und Verdienst eine Mannschaft geformt hatte, die er in den Uefa-Cup führte und den ersten Titel seit 1967 bescherte.

Hans Meyer ist einer der wenigen Trainer, die sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahrt haben. Dabei ließ er sich von drei Grundsätzen leiten, die ihm sein Ziehvater Georg Buschner mit auf dem Weg gegeben hatte: 1. „Gib’ nichts darauf, was die Öffentlichkeit sagt.“ 2. „Du musst von allem, was du tust, völlig überzeugt sein und darfst nicht den kleinsten Kompromiss eingehen.“ 3. „Meistens verstehen die wichtigsten Leute im Klub nichts vom Fußball.“ Am Ende aber zählen Resultate, und die sprachen zuletzt gegen ihn.

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