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Sport: Trainer in Manndeckung

Beim FC Schalke 04 glaubt nur noch Manager Rudi Assauer an Frank Neubarth

Gelsenkirchen. Den Anhängern des FC Schalke 04 steht es selbstverständlich frei, ihre Spieler auszupfeifen. Wenn ihre Lieblingsmannschaft, zumal in der eigenen Arena, schlecht Fußball spielt, sei das sogar „das gute Recht der Fans“, sagt Rudi Assauer, der Manager des Vereins. Damit müsse es aber auch genug sein. Für Missfallenskundgebungen, die über das Pfeifen im Stadion hinausgehen, fehlt Assauer das Verständnis. Darauf nahmen die Fans beim 1:1 gegen den Abstiegskandidaten Arminia Bielefeld keine Rücksicht – nach dem Motto: Wir lassen uns das Singen nicht verbieten.

Erst hatten sie es mit Pfiffen versucht, doch dann steigerten sie den Protest. Als der Trainer Frank Neubarth zehn Minuten vor Schluss, beim Stand von 0:1, den Stürmer Mike Hanke durch den defensiven Mittelfeldspieler Marco van Hoogdalem ersetzte, rief die Basis in der Nordkurve „Neubarth raus!“ Dann wurde es noch lauter: Die Fans besangen den früheren Schalke-Trainer Huub Stevens. Und es wirkte wie böse Ironie, dass die Berliner Hertha, seit Saisonbeginn von Stevens trainiert, in jener Minute gegen den TSV München 1860 das 6:0 erzielte.

Volkes Ruf nach Stevens war eine harte Strafe für Neubarth, vielleicht so etwas wie eine Höchststrafe. Ihre Wirkung hielt an, obwohl dem Schalker Mittelfeldspieler Sven Vermant kurz vor dem Abpfiff noch der Ausgleich gelang. Der Übungsleiter gab sich ruhig wie immer, ganz so, als wäre er noch in Bremen beschäftigt, wo es ruhiger zuging. Aber selbst in der Hansestadt dürfte das Publikum aufbegehren, wenn die Heimbilanz so dürftig ausfiele wie die von Schalke: ein Sieg aus acht Spielen.

Obwohl Neubarth erst seit acht Monaten als Fußball-Lehrer in der Bundesliga arbeitet, begegnete er dem Unmut äußerlich gelassen. „Es ist nicht schön“, sagte er, aber das Geschäft sei nun einmal „so brutal hart“. Assauer dagegen reagierte empfindlich. „Wir treffen die Entscheidungen, die wir für richtig halten. Da können die Fans pfeifen und schreien, wie sie wollen.“ Spätestens bei Personalfragen höre es auf mit der Basisdemokratie. „Wir werden keine Handzettel verteilen, damit die Fans die Aufstellung machen können.“ Am meisten haben ihn die Stevens-Gesänge geärgert. „Erinnert sich niemand mehr an die Stevens-raus-Rufe? Das ging zwei Jahre so.“ An diese Zeit erinnern auch die Warnungen auf dem Boulevard. „Alarm auf Schalke!“, heißt es in den Zeitungen. Und: „Es kriselt und kracht!“

Assauer hat derzeit viel zu tun. Nach außen sieht er sich als Verteidiger des Trainers gefordert und als Ankläger der Schiedsrichter, die Schalke daheim zum dritten Mal entscheidend benachteiligt haben – diesmal übersah der Unparteiische ein Foul des Bielefelders Bastian Reinhardt, das Tomasz Waldochs Eigentor vorausgegangen war. „Wenn es einen Schiedsrichter-Verbund gegen uns gibt, sollen sie es offen sagen“, schimpfte Assauer. „Jede Situation wird gegen uns ausgelegt.“

Aber auch im Innern des Klubs muss Assauer den Krisenmanager geben. Er sucht nach einem Spion, der Interna aus der Mannschaft preisgibt wie etwa den Streit zwischen Torwart Rost und dem Trainer. Außerdem schlägt sich Assauer mit Aufsichtsratschef Clemens Tönnies herum, der unbedingt aufklären will, ob der Vertrag zwischen seinem Amtsvorgänger Jürgen Möllemann und der Kirch-Gruppe Interessen des Klubs berührt hat. Solche Debatten stören nicht erst seit der jüngsten Blamage gegen Bielefeld die Ruhe und den Betriebsfrieden.

Trotz der Turbulenzen hat Assauer am Samstag während der 90 Minuten auf dem Fußballplatz zum ersten Mal nicht geraucht. Die Enthaltsamkeit hatte allerdings nichts mit guten Vorsätzen zu tun. Sein Zigarrendepot sei einfach leer gewesen, sagte er. Ob diesen Mangel nicht Tomasz Hajto beheben könnte, fragte jemand. Und alle in der Runde haben gelacht. Der Profi aus Polen steht unter dem Verdacht, mit Zigarettenschmugglern gemeinsame Sache gemacht zu haben. Aber das ist wieder eine andere heikle Geschichte beim FC Schalke 04.

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