zum Hauptinhalt
Geradlinig. Der Schweizer Christian Gross ist Freund klarer Ansagen. Foto: dpa

© dpa

Trainerwechsel: Der 1. FC Nürnberg steht vor der Verpflichtung von Christian Gross

Christian Gross ist heißester Kandidat auf die Nachfolge von Michael Wiesinger als Trainer des 1. FC Nürnberg. Der strenge Schweizer soll den Club mit "gewisser Härte" führen.

Nürnberg - Wechsel von Trainern und Spielern in die deutsche Bundesliga lösen in der Schweiz jedes Mal große Aufmerksamkeit aus. So war es auch beim 59 Jahre alten Christian Gross. Als dessen Name auf der Favoritenliste des 1. FC Nürnberg als Nachfolger von Michael Wiesinger auftauchte, wurden in vielen Zeitungen ehemalige Weggefährten und Freunde zitiert. Die sagten nur Gutes über Gross und bestätigten das Charakterbild eines Trainers, der für die Nürnberger in ihrer prekären Situation wie auf Wunsch gebacken erscheint. Als der Nürnberger Aufsichtsrat Klaus Schramm sagte, „eine gewisse Härte“ könne „nicht schaden“, klang das wie die Vollzugsmeldung einer Einigung. Die stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Mittwochabend noch aus. Viele Zweifel bestanden aber nicht mehr daran, dass der Glatzkopf mit dem markanten Gesichtszügen und dem Ruf, autoritär zu sein, den Club übernehmen soll.

Es wäre nach den zehn Monaten beim VfB Stuttgart, von Dezember 2009 bis Oktober 2010, der zweite Bundesligaklub, den Gross betreut. Der FCN bekäme nach dem ruhigen und schüchtern wirkenden Wiesinger einen Charakter, den die Aura des Unnahbaren umgibt, der aber auch psychologisches Einfühlungsvermögen und Herzlichkeit mitbringt. Also genau das Gegenstück zum bisherigen Coach.

Zweimal arbeitete Gross, nach sechs Meistertiteln und fünf Pokalsiegen mit den Schweizer Top-Klubs FC Basel und Grasshoppers Zürich, bisher im Ausland. Zweimal hatte er in den ersten Monaten großen Erfolg, zweimal stürzte der Kurs seiner Klubs wenig später ab und er musste gehen. In England schimmerte durch, wie strikt Gross seinen Weg geht. Zur offiziellen Vorstellung bei Tottenham Hotspur kam er mit der U-Bahn und wurde von Boulevardmedien verspottet. Gross fuhr in London trotz einer ähnlich schlechten Erfahrung in Zürich U-Bahn. Dort war er nach einem Spiel gegen den Lokalrivalen FC Zürich einmal in der Tram von FC-Anhängern bespuckt worden.

Mit der ihm eigenen Portion Sturheit, die er selbst nicht bestreitet, schaffte er es in Stuttgart und Tottenham, eine verunsicherte Mannschaft auf Kurs zu bringen. Bald war von einer erkennbaren Gross-Handschrift die Rede. Was bedeutete: Die Spieleröffnung bekam enormes Tempo, ein robustes Zweikampfverhalten war genauso Standard wie ein immens laufintensives Spiel. Allein mit Härte würde Gross auch in Nürnberg wohl nicht ans Ziel kommen, trotzdem wird er sich wie üblich von seinen Spielern siezen lassen und zumindest nach außen distanziert wirken. Ehemalige Spieler aber beschreiben eine andere Seite des Mannes, der vier Sprachen spricht. „Gross kann spüren, ob es einem gut oder nicht gut geht“, sagt sein ehemaliger Profi Murat Yakin, heute selbst Trainer beim FC Basel.

Sollte Gross tatsächlich in Nürnberg unterschreiben, ist sein Auftrag klar definiert: Es muss nach oben gehen. Das passt zur Selbstbeschreibung des gebürtigen Zürichers. „Ich hasse Grauzonen in der Tabelle“, sagte er einmal. „Ich will einen Verein trainieren, bei dem ich etwas bewegen kann.“ Dabei allerdings setzt Gross zuweilen die Grenzen selbst. In Basel durfte er die Millionen der Klubchefin Gigi Oeri ausgeben, ohne dafür eine Business-Strategie vorzulegen. In Stuttgart war man mit der Arbeitsweise, die Gross gerne in Richtung eines Team-Managers in England auslebt, nicht immer einverstanden. Als Gross nach mehr Macht strebte, folgte der Rauswurf. Bis April 2012 betreute Gross den Schweizer Klub Young Boys Bern.

In Nürnberg, so heißt es, wolle Gross nun den Ruf abschütteln, nur ein Trainer für ein Jahr zu sein. Oliver Trust

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false