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Sport: Traner Pesic redet Tachless: Seine Mannschaft ist nicht reif für die Europaliga

Für Zmago Sagadin, den Trainer von Olimpija Ljubljana, hatte der 74:69-Sieg seines Teams in der Basketball-Europaliga bei Alba Berlin einen einfachen Grund: "Wir hatten unser erstes Spiel gewonnen und waren psychologisch im Vorteil. Bei Alba war es genau umgekehrt.

Für Zmago Sagadin, den Trainer von Olimpija Ljubljana, hatte der 74:69-Sieg seines Teams in der Basketball-Europaliga bei Alba Berlin einen einfachen Grund: "Wir hatten unser erstes Spiel gewonnen und waren psychologisch im Vorteil. Bei Alba war es genau umgekehrt." Es wäre für seinen Kollegen Svetislav Pesic nun ein Leichtes gewesen, diese Argumentation aufzunehmen. Nach dem 66:76 in Bursa stand sein Team schon unter einem gewissen Druck. Doch Pesic wäre sich dann nicht treu geblieben. Also nutzte er die Gelegenheit, Tacheles zu reden - mit den Journalisten, von denen er sich in letzter Zeit des Öfteren missverstanden fühlte; mit seiner Mannschaft, an deren Einstellung er einiges auszusetzen hat. "Was heißt hier Druck", hielt er also der Psycho-Erklärung Sagadins entgegen, "du hast zu Hause viele andere Vorteile. Außerdem haben King, Alexis, Rödl, Hammink große internationale Erfahrung, Bogojevic, Femerling, Okulaja haben zwei Europameisterschaften gespielt. Aber diese Mannschaft ist nicht vorbereitet, wie sie für die Europaliga vorbereitet sein muss."

Viele Dinge haben Pesic geärgert seit dem Trainingsbeginn Anfang August. Da hat es zum Einen an Testgegnern der ersten Kategorie gefehlt. Mal war der Krieg im Kosovo die Ursache, mal die Erdbeben in Südosteuropa. Dann wurde der neue Spielmacher Frankie King erst relativ spät verpflichtet. Kurz darauf starb sein Vater, und er verpasste einen weiteren Teil der Vorbereitung. Wendell Alexis kam erst am 6. August aus den USA zurück nach Berlin. Viel zu spät, fand der Trainer. Vladimir Bogojevic hatte Fersenprobleme, konnte an 20 von 30 Tagen nicht trainieren, "weil er im Sommer falsche Schuhe getragen hat", schimpfte Pesic. Die Siege in der Bundesliga haben manche Probleme übertüncht. Doch in der Europaliga werden Schwächen gnadenlos aufgedeckt. Tofas Bursa und Olimpija Ljubljana begannen Mitte Juli mit ihrer Vorbereitung. Alba hinkt hinterher. "Irgendwann im Dezember kommen wir vielleicht in den Rhythmus", wetterte Albas Coach, "unsere Verteidigung hat kein Europaliga-Niveau."

Alba unterlag am Donnerstag keinem übermächtigen Kontrahenten. Auch Sloweniens Meister steckt mit seinen acht neuen Spielern noch in der Entwicklung. "Olimpija hat uns den Sieg angeboten, aber wir haben nicht zugegriffen", sagte Pesic, "wie in Bursa haben wir schlecht angefangen und zum Schluss zu hektische Entscheidungen getroffen." Die Gäste wurden nur in Verlegenheit gebracht durch den Kampfgeist und Willen des Alba-Teams, nicht durch irgendeine Taktik oder gelungene Spielzüge. In der entscheidenden Phase wollten sich die Berliner durch Einzelaktionen über Wasser halten und gingen dabei unter.

Auffällig war aber auch die mangelnde Präsenz einiger Berliner auf dem Spielfeld. Wendell Alexis und Geert Hammink waren phasenweise überhaupt kein Faktor, obwohl sie mittendrin standen. Vladimir Bogojevic enttäuschte nicht nur wegen seiner schwachen Trefferquote, auch seine ansonsten so gute Verteidigungsarbeit ließ zu wünschen übrig. "Fragen Sie ihn, warum sein Gegenspieler Jasikevicius 24 Punkte macht! Fragen Sie ihn!", schimpfte Pesic. Und besonders der mit so viel Vorschusslorbeer empfangene Ademola Okulaja gab dem Alba-Spiel keine Impulse. Vier Punkte, kein Rebound, kein Mut in der Offensive - der junge Mann, der sich schon in der NBA wähnte, wird zunächst in der Europaliga noch ein Weilchen brauchen, um mehr als Durchschnitt zu sein.

Viel Arbeit, wenig Zeit für Svetislav Pesic: Am Donnerstag tritt Alba im Duell der Fehlstarter bei Real Madrid an. So war das nicht geplant. Zumindest die psychischen Voraussetzungen sind für beide diesmal gleich.

Dietmar Wenck

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