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Sport: Treffen der Supermächte

Die Rugby-WM ist eines der größten Sportereignisse der Welt

Sydney. Der Energie-Minister der Fidschi- Inseln hatte eine gute Nachricht: Savenasa Draunidalo erklärte, dass die FernsehÜbertragung der 5. Rugby-Weltmeisterschaft zu keinem Zeitpunkt gefährdet sei: „Wir lassen unser Team nicht im Stich.“ Dem Wasserkraftwerk Monasau, das 80 Prozent des Stroms für 700 000 Menschen liefert, habe die Regierung schnell ein paar Dieselgeneratoren zur Seite gestellt.

So groß wie auf den Fidschi-Inseln ist auch in vielen anderen Ländern die Begeisterung für Rugby. Die Weltmeisterschaft, die bis zum 22. November in Australien stattfindet, ist das drittgrößte Sportereignis der Welt. Es findet allerdings ohne Deutschland statt, das bereits in der europäischen Division B ausgeschieden ist. Im Rugby herrschen umgekehrte Kräfteverhältnisse wie in der Weltpolitik: Es dominiert die Südhalbkugel, zum Beispiel Titelverteidiger Australien, der sein Auftaktspiel vor 81 000 Zuschauern im Telstra Stadium von Sydney 24:8 gegen Argentinien gewann.

Alle vier Jahre rückt die südliche Hemisphäre im Zeichen des fliegenden Ovals näher zusammen. Es präsentieren sich die Supermächte des kraftbetonten Eierlaufs. Rugby ist dort Leben und Leidenschaft, genau wie Fußball in Südamerika. Dabei wird heute in über 100 Ländern Rugby organisiert gespielt. Rugby ist auf dem Vormarsch, weil sich das konservative „Internationale Rugby Board“ (IRB) seit 1995 nach und nach professionalisiert. 1,5 Milliarden Zuschauer verfolgten die WM 1999 am Fernsehschirm. Dieses Jahr werden vier Milliarden erwartet. Seitdem die erste Weltmeisterschaft 1987 in Australien und Neuseeland ausgetragen wurde, wartet der nördliche Erdteil auf seinen ersten Sieger. Und das obwohl in England alles begann, als der Student William Webb Ellis den Fußball in einem Spiel 1823 in die Hände nahm und loslief. Die englischen „Rosen“ waren mal nah dran am Titel. 1991 waren nur die australischen „Wallabies“ besser. Rugby’s coming home? England mit seinem Superstar Ben Cohen hat 15 von 16 Testspielen gewonnen, darunter beim Titelverteidiger Australien und seit 30 Jahren erstmals wieder in Neuseeland. Bei der WM werden sogar die Prinzen William und Harry als Zuschauer erwartet.

Nur die Franzosen konnten das englische Team von Clive Woodward in diesem Jahr schlagen. Irland oder Argentinien könnten das vielleicht auch, wenn Beständigkeit und Disziplin sich immer mit Kraft, Schnelligkeit und Kreativität verbinden würden. Das gelingt meist nur den Spitzenteams. Wie den jungen Neuseeländern. Sie liegen hinter den Engländern auf Platz zwei der Weltrangliste. Den zweimaligen Weltmeister Australien demontierten sie im Sommer 52:16.

In vier Gruppen spielen die Teams bei der WM gegeneinander, unter anderem mit Rugby-Außenseitern wie Georgien, Rumänien oder Namibia. Letztere bestreiten das einzige Spiel in Tasmanien. Weil die Insel nicht als Zentrum rumänischer und namibischer Einwanderer gilt, hat der Bürgermeister von Launceston angeordnet, dass alle Bewohner mit geraden Hausnummern für den Tag des Spiels zu Rumänen werden und die mit ungeraden Namibier. Die beiden Gruppenbesten kommen ins Viertelfinale. Vielleicht schafft das ja auch Fidschi, das als enthusiastisch, aber verspielt gilt.

Wie die Fidschi-Inseln, braucht auch Australien für die WM mehr Strom: An der Sydney Harbour Bridge leuchten Tausende von Glühbirnen in Form eines Rugbys. Nicht alle finden allerdings Gefallen an diesem Ereignis: Die Nachrichtenagenturen meldeten, der gerade ernannte südafrikanische Literatur-Nobelpreisträger J. M. Coetzee habe Rugby 95-mal als widerlichen Machosport bezeichnet.

Ingo Petz

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