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Trauer tragen. Die türkischen Fans in Kreuzberg mussten um Fassung ringen. Foto: dpa

© dpa

Türkiyemspor: Scheppern in der Teestube

Schlechte Stimmung bei Türkiyemspor: Weder die Situation des Vereins noch die Leistung der türkischen Nationalmannschaft geben Anlass zum Jubeln – ein Spielbesuch.

Am Kottbusser Tor machen die türkischen Fans so weiter, wie sie vor zwei Jahren aufgehört haben. Mit Autokorsos, diesmal schon vor dem Spiel.

Bis ins Vereinsheim von Türkiyemspor dringt der Jubel nicht. Im Dunst des Zigarettenqualms sitzen 50 ältere Männer an Tischen und Spielautomaten bei türkischem Tee und deutschem Bier. Mittendrin stehen zehn Reihen mit Campingstühlen, kaum besetzt. Teestuben-Ambiente. Plötzlich scheppert es. Ein Holzstuhl fällt zu Boden. Verschleißerscheinungen; ein älterer Mann hält verwundert die Lehne in der Hand, steckt alle Teile zusammen und setzt sich wieder.

Ähnlich geht es im Moment auch dem Gastgeber, Türkiyemspor Berlin. Der Verein, der sich um ein deutsch-türkisches Miteinander in Berlin bemüht, kämpft ums wirtschaftliche Überleben. Die erste Mannschaft schlägt sich in der viertklassigen Regionalliga durch, mit Zuschauerzahlen im dreistelligen Bereich. Wie wenig der Verein in Berlin beachtet wird, zeigt sich daran, dass er seit Jahren kein eigenes Trainingsgelände hat.

Hier im Vereinsheim kann oder will keiner darüber reden. „Ich hab keine Zeit“, entschuldigt sich der Kellner in hellblauer Türkiyemspor-Jacke grinsend. Ein kleiner Mann mit Schnauzbart und Schiebermütze will zumindest jemanden gesehen haben. „Da ist einer von Türkiyemspor“, sagt er und deutet auf einen glatzköpfigen Herrn hinter den Spielautomaten. Doch der gibt sich ahnungslos und schüttelt den Kopf. „Is’ keiner da.“

Feststimmung kommt in der Teestube nur unter den wenigen deutschen Fans auf. Eine Gruppe FU-Studentinnen ist hergekommen, zusammen mit Austauschstudenten aus Istanbul. Das Kreischen der Deutschen schallt an diesem Abend drei Mal durch den Raum. Als ausgerechnet Özil trifft, zuckt ein türkischer Fan nur mit den Schultern und fügt anerkennend hinzu: „Süper!“

Die meisten warten nicht mehr auf den Schlusspfiff. Als auf den Bildschirmen zahlreiche türkische Zuschauer das Olympiastadion verlassen, leert sich auch die Klubgaststätte. Mit dem Abpfiff werden die Campingstühle laut krachend aufeinandergestapelt.

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