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Auf dem Weg zur Matchwinnerin. Anna Felicitas Sarholz jubelt nach dem ersten von drei gehaltenen Elfmetern.

© dpa

Turbine Potsdam: Ausstrahlung und Abgeklärtheit: Mit 17 begeistert Anna Sarholz im Turbine-Tor

Bernd Schröder will sich noch nicht festlegen. Dass Anna Felicitas Sarholz am Sonntag im Spiel beim 1. FFC Frankfurt im Tor steht, sei keineswegs sicher, behauptete Turbine Potsdams Trainer kurz nach der glanzvollen Vorstellung der 17-Jährigen.

„Wir werden sehen“, sagte er, „bei uns gibt es keine Nummer eins und zwei.“ Die Fans im Karl-Liebknecht-Stadion feierten Anna Felicitas Sarholz mit „Felix, Felix“-Sprechchören, nachdem sie gegen den FCR Duisburg drei Elfmeter gehalten und ihr Team ins Finale der Champions League gefaustet hatte. Schon in den 120 Minuten zuvor, nach denen es 1:0 für Potsdam stand, hatte Sarholz immer wieder blendend reagiert und erstaunlich abgeklärt und ruhig ihre Abwehr dirigiert. Nach jedem gehaltenen Elfmeter demonstrierte sie ihren Jubel mit einer anderen Geste: Als sie den Schuss von Nationalspielerin Inka Grings abgewehrt hatte, ballte sie die linke Faust, nach Linda Bresoniks Scheitern breitete sie beide Arme aus. Der Schuss wurde wiederholt, Sarholz war erneut nervenstärker und riss beide Arme nach oben. Den von Irini Ioannidou getretenen Ball faustete sie nicht weg, sondern hielt ihn fest und schoss ihn dann senkrecht in den Himmel.

Anna Felicitas Sarholz war beim 3:1 nach Elfmeterschießen im Halbfinal-Rückspiel die Matchwinnerin – eine Einsatzgarantie brachte es ihr nicht. „Sie hat eine hervorragende Ausstrahlung“, lobte Schröder zwar, aber sie und Desirée Schumann „sind auf Augenhöhe. Wenn ich eine lobe, muss ich die andere nicht tadeln.“ Beide sind stark, in 18 Bundesligaspielen mussten sie zwölfmal hinter sich fassen – zusammen. Es sei eben nicht wie bei den Männern, „wo eine Nummer eins ausgerufen wird, die dann schlecht spielt, und der andere sich in die Ecke verkriecht“, sagte Schröder.

Wen er einsetze, sei „eine Bauchentscheidung“, verriet der Trainer. Zumindest Sarholz, die mit der zwei Jahre älteren Desirée Schumann diese Woche beim Lehrgang des deutschen U-20-Teams ist, kann mit dieser Regelung leben. „Das ist vollkommen in Ordnung“, sagte sie brav, „es kommt, wie es kommt. Wir sind eine Mannschaft.“ Sarholz, die seit vier Jahren im Potsdamer Sportinternat lebt und bald Fachabitur macht, hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Sie gehörte 2009 zu Turbines Meisterteam, ohne eine Minute gespielt zu haben. Kurz darauf holte sie erneut den Titel – mit den B-Juniorinnen. Im Finale gegen Duisburgs Nachwuchs brillierte sie wie am Sonntag im Elfmeterschießen, hielt zwei Elfmeter und verwandelte den entscheidenden selber.

Dass sie damals überhaupt im Tor stand, war nicht selbstverständlich. 2008 hatte sie sich eine schwere Herzmuskelentzündung zugezogen. „Ich bin nur knapp am Tod vorbeigeschrammt“, erzählte sie dem Online-Portal „Womensoccer“. „Es war fraglich, ob ich überhaupt weiter Sport treiben kann.“ Sie konnte, und trieb ihre Karriere voran. Als Stürmerin hatte sie einst begonnen und landete nur im Tor, weil sie zu faul zum Laufen war. Inzwischen zählt sie zu den besten deutschen Nachwuchstorhüterinnen.

Im September 2009 kam sie zu ihrem ersten Bundesligaeinsatz, weil Schumann sich verletzte. Bis Ende März war die Hierarchie dennoch klar, dann begann das Wechselspiel. Sarholz stand zweimal gegen Duisburg zwischen den Pfosten, auch beim Aus im Pokal-Halbfinale. Dann war zweimal Schumann dran, darunter im Champions-League-Hinspiel in Duisburg (0:1). Gegen den FC Bayern überzeugte wieder Sarholz – und durfte am Sonntag auflaufen. Das Finale in Getafe ist für sie ein Traum. „Natürlich will ich spielen“, sagt sie. Doch Bernd Schröder zögert noch. Sarholz oder Schumann? „Wir werden sehen.“

Helen Ruwald

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