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Mit Lauf. Beim 3:0 gegen die Dänen gelangen Volland zwei Tore.

© Reuters/Smith

U-21-EM in Tschechien: Kevin Volland - der neue Klose

Kevin Volland glänzt bei der U-21-EM und könnte zur echten Sturmspitze für Bundestrainer Joachim Löw reifen.

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die große Effekte zeitigen. Wie es denn kam, dass die deutsche U-21-Nationalmannschaft bei der EM in Tschechien gegen die Dänen im zweiten Gruppenspiel urplötzlich den Spielwitz entdeckte – das wurde Trainer Horst Hrubesch gefragt. Nach dem schlappen 1:1 gegen Serbien zum Auftakt wirkte der Abend in Prag fast wie eine Verwandlung.

Also, woran lag es? „Habe ich mit der Aufstellung doch schon verraten, gegen die kannst du in der Luft nichts gewinnen“, sagte der einstige Herrscher der Lüfte, der beste Kopfballspieler in der Geschichte des deutschen Fußballs: „Aber wir haben da vorne drei Kleine, die können Fußball spielen.“ Fußball spielen. Das konnten sie. Und das auch noch erfolgreich. 3:0 gegen die Mannschaft, die Hrubesch in der Gruppe am meisten fürchtete.

Und die Art und Weise, die war imponierend. Was Amin Younes, der Lauterer, der nun nach Gladbach zurückgeht, auf dem linken Flügel veranstaltete, war gegen die robusten, aber etwas ungelenken Dänen schwindelerregend. Dass der Schalker Max Meyer etwas abfiel in einer sonst tadellosen Mannschaft, konnte an diesem Abend locker verkraftet werden, weil ein anderer zu ganz großer Form auflief: Kevin Volland war noch stärker als im ersten Spiel gegen die Serben, er war noch präsenter, noch kraftvoller – und diesmal auch als Torschütze erfolgreich. Das Tor zur Führung erzielte er kaltschnäuzig, der Freistoß zum 2:0 war allererste Klasse. Er, der schon vor zwei Jahren bei der EM in Israel dabei war, hat eine gute Entwicklung durchlaufen. Dass er in Hoffenheim blieb und es eben nicht schon mit Anfang 20 auf Biegen und Brechen auf einen Wechsel angelegt hat, dürfte sich langfristig für ihn auszahlen. Und vielleicht könnte er perspektivisch auch im A-Team dafür sorgen, dass Joachim Löw in der harten Zeit nach dem scheinbar alterslosen Miroslav Klose auch mal wieder mit einer echten Sturmspitze antreten kann. Ihn würde es freuen: „Vorne macht es immer Spaß, ich kann die Position auch ganz gut spielen.“

Volland war gegen die Dänen der beste Mann auf dem Feld

Beklagen will er sich nicht über die Aufstellung im ersten Spiel. Es hatte ja seinen Sinn, den Angreifer auf der Außenbahn einzusetzen. Volland war der vielleicht zweikampfstärkste Spieler, er war der beste Mann, bereitete das 1:1 vor. Aber der Wechsel ins Zentrum brachte noch einen ganz anderen Effekt mit sich. Ganz im Gegensatz zum Auftakt entdeckte die Mannschaft nach einer bangen ersten Viertelstunde plötzlich auch den Spass am Spiel wieder, was bisweilen nicht nur spektakulär, sondern auch etwas anarchisch wirkte. „Das war der Grundstein, das hat gegen Serbien gefehlt. Wenn ich mit zwei Toren vorangehen und pushen kann, macht mir das auch Spaß“, sagte Volland.

Als Volland aber vom Feld ging, da gab er die Binde an einen weiter, der erst als Auswechselspieler in die Partie kam: an den Mainzer Johannes Geis. Es war ein spezieller Augenblick, als der das Spielfeld betrat. Wer Geis noch nicht gesehen hatte, der wusste sofort, warum er in zwei Jahren 67 von 68 Spielen bei Mainz in der Bundesliga absolviert hat. Schnell, zweikampfstark, mit überragendem Stellungsspiel und Pässen, die aus der Drehung selbst über 40 Meter punktgenau beim Mitspieler landen. „Wir haben gezeigt, dass wir es gut kompensieren können“, sagte Hrubesch mit Blick auf Geis.

Denn der stand an diesem Tag trotz seiner großen Viertelstunde im Schatten von Joshua Kimmich. Der Münchner hielt mit enormer Zweikampfstärke und gutem Stellungsspiel dem Liverpooler Emre Can den Rücken frei, auf dass dieser dann und wann zaubern konnte. Er war zwar nicht der beste, aber der auffälligste Spieler im deutschen Team, schon wie beim Auftakt gegen die Serben. Doch seinen Anspruch, ein „geborener Führungsspieler“ zu sein, den hat Can bisher noch nicht einlösen können. Das war aber auch nicht nötig gegen die Dänen. Am Dienstag gegen Tschechien, wenn es um den Einzug ins Halbfinale geht, hat er die nächste Chance, zu zeigen, was für ein Klassemann er doch ist.

Stefan Osterhaus

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