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ULEB-Cup  ALBA Berlin - Lukoil Academic Sofia

© dpa

Sport: Über die Schmerzgrenze

Im Kampf gegen das Play-off-Aus müssen auch Albas angeschlagene Spieler heute alle Kräfte mobilisieren

Berlin - Reglos blieb William Avery liegen. Alba Berlins Spielmacher war mit einem Quakenbrücker zusammengestoßen, sein ohnehin verletztes Knie meldete sich sofort. Avery musste auf der Bank behandelt werden, konnte aber bald weiterspielen. An die Schmerzen, die die Patellasehnenreizung im rechten Knie mit sich bringt, hat er sich gewöhnt in den vergangenen Monaten. Schmerzen konnten in diesem zweiten Play-offViertelfinalspiel nicht sein, weil sie nicht sein durften. Alba wollte in der Serie zum 1:1 ausgleichen, verspielte im zweiten Viertel aber einen hohen Vorsprung. Avery war es, der nach seiner Rückkehr mit einem Dreipunktewurf das 52:50 für Alba erzielte und kurz darauf einen erneuten Rückstand drehte. Die 84:98-Niederlage konnte er freilich nicht verhindern. Eine dritter Misserfolg heute (17 Uhr, Max-Schmeling-Halle) gegen den Tabellenachten der Hauptrunde würde das Aus für den Tabellenführer und eine Schmach sondersgleichen bedeuten.

Mit normalen basketballerischen Mitteln sei das Spiel gegen die in bestechender Form auftretenden Gäste nicht zu gewinnen, sagt Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi. „Jeder muss über die Schmerzgrenze hinausgehen, egal, wo es wehtut.“ Durch- und vor allem gegenhalten müssen die Berliner, die in beiden Spielen gegen Artland das Reboundduell deutlich verloren und in der Verteidigung ungeahnte und untypische Schwächen offenbarten. Das Durchbeißen gilt besonders für Kirk Penney und Nenad Canak, die nach ihren Leistenoperationen beim ersten Kurzeinsatz am Donnerstag noch keine Impulse setzen konnten, für den an der Ferse verletzten Chris Owens (13,4 Punkte im Schnitt) und eben für William Avery. Alba muss sich zwar vor allem in der Verteidigung verbessern, doch auch der Auftritt des Spielmachers wird über Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit entscheiden. „Wir kämpfen um unser Leben. Entweder wir gewinnen oder es ist vorbei“, sagt Avery, der am Tag nach dem desolaten Auftritt in Quakenbrück „noch geschockt“ war. Bis heute Nachmittag wird er sich weniger mit dem Ball als mit verstärkter Physiotherapie auf die Stunden der Entscheidung vorbereiten.

Zu seiner Verletzung sagte Avery zu Wochenbeginn lapidar: „Sie ist da.“ Sie begleitet ihn ständig, ob er will oder nicht. Seit Monaten wird er sie nicht los, so sehr er sich auch um sie kümmert oder verflucht. Nach jedem Training und Spiel wird die Muskulatur gelockert, ein zusätzliches Rehaprogramm gehört zu Averys Alltag. Mehrfach setzte er vor den Play-offs aus, längstens zwei Wochen – nicht genug, um die Verletzung auszukurieren. Herthas Nationalspieler Arne Friedrich hatte mit derselben Verletzung über einen Monat ausgesetzt. Die Schmerzen in der Patellasehne, der Verbindung zwischen Kniescheibe und Schienbein, hat Avery gelernt, so gut wie möglich zu ignorieren. Mit mentaler Stärke könne man den Schmerz besiegen, sagt Marco Baldi, einst selbst Erstligaspieler. Zwei Spielzeiten habe er selber mit eben dieser Verletzung zu tun gehabt. „Man ist ständig in Behandlung und muss oft den inneren Schweinehund überwinden. Aber man kann sich daran gewöhnen und es kann nichts passieren.“

Im ersten Spiel gegen Quakenbrück (86:87) war Avery mit 19 Punkten und 8 Korbvorlagen der Spieler des Tages. Innerhalb von drei Minuten gelangen ihm zehn von 15 Berliner Punkten. Am spektakulärsten war die Szene, in der sich Avery und Quakenbrücks Spielmacher Filiberto Rivera im Kampf um den Ball am Boden wieder fanden, Avery rappelte sich schneller auf, raste Richtung Korb und punktete. Später krönte er ein Solo übers ganze Feld mit einem Korb. In Quakenbrück war dann allerdings Rivera der überragende Mann. Er machte 22 Punkte, darunter fünf Dreier, und gab 13 Korbvorlagen (Avery: 10/1), vier mehr als alle Berliner zusammen.

Wirklich los werden wird William Avery die Entzündung erst in einer mehrwöchigen Pause. Sie könnte schön am Montag beginnen. Nach dem Aus.

Helen Ruwald

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