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Überblicke: Olympiasieger: Galas, Autos und Termine

Wie haben die deutschen Sieger von Peking das vergangene Jahr erlebt? Eine Auswahl.

Matthias Steiner (Gewichtheben) betritt bald wieder die Wettkampfbühne. Endlich. Denn das „Gesicht der Olympischen Spiele“ wie er sich angesichts der großen Aufmerksamkeit einmal selbst bezeichnet hat, legte nach dem Gewinn der Goldmedaille eine lange Trainingspause ein. Und versuchte sich stattdessen auf anderen Bühnen. Sein persönliches Schicksal – er hielt auf dem Siegerpodest ein Bild seiner ein Jahr zuvor verstorbenen Frau in die Luft – bewegte die Menschen und verschaffte ihm so viel Popularität, dass er mit Terminen, Ehrungen und jede Menge anderer Verpflichtungen eingedeckt war. Höhepunkt war die Auszeichnung zum Sportler des Jahres. Nachdem eine neue Liebschaft öffentlich geworden war, ist es ruhiger um Matthias Steiner geworden. Erst jetzt macht der 26-Jährige wieder von sich Reden – mit dem Comeback Anfang September im österreichischen Randshofen. Und im November geht’s zur WM. ks

Alexander Grimm (Kanuslalom) wird immer noch jeden Tag an seinen Olympiasieg erinnert. Auch ein Jahr später wird er auf seinen Triumph angesprochen, ihm wird gratuliert, er muss seine Goldmedaille zeigen. Ein paar Monate nach Olympia nahm er zum Wintersemester ein Maschinenbaustudium auf, seitdem musste der 22-Jährige sein Trainingspensum um mehr als die Hälfte reduzieren. Die Doppelbelastung funktioniert: Klausuren hat er direkt nach Weltcup-Rennen geschrieben und in beiden Bereichen trotzdem gut abgeschnitten. Neben dem Studium besuchte er viele Veranstaltungen – Ball des Sports, Wahl zum Sportler des Jahres, Bayerischer Sportpreis. Grimm genießt das. „Ich habe alles mitgenommen“, sagt er. Viel Geld hat ihm sein Erfolg nicht eingebracht, Sponsoren sucht er weiterhin. Trotzdem sind die Spiele 2012 in London sein Ziel – dafür wird er im kommenden Jahr auch wieder weniger Zeit ins Studium investieren. lsp

Ole Bischof (Judo) wird dieser Tage mal kurz innehalten, sich still an seinen olympischen Sieg erinnern. Eine Minute lang vielleicht, dann wird der 29-Jährige weiter trainieren. Er hat keine Zeit für Sentimentalitäten, denn Ende August stehen die Judo-Weltmeisterschaften an. „Die einzige Kampfsportmedaille für Deutschland“ gewann er in Peking. Fans seines Sports war Bischof schon vor Olympia bekannt, doch seit seinem Sieg bekommt er nun noch mehr Anerkennung. „Die Leute achten mehr auf mich“, sagt er. Sportlich läuft für ihn auch alles bestens: Gerade gewann er die German Open in Sindelfingen, war im Höhentrainingslager in Bulgarien, nun trainiert er in Kienbaum. Nach der olympischen Goldmedaille kämpfe er nicht unbedingt selbstbewusster, sagt Bischof. Allerdings habe er eine Veränderung bei seinen Gegnern festgestellt: „Die kämpfen ein bisschen zurückhaltender.“ tja

Hinrich Romeike (Vielseitigkeitsreiten) kamen die zehn Sekunden nach dem letzten Sprung im Parcours vor wie eine Ewigkeit. Ein Gefühl, dass er nicht mehr vergisst. „Das kann ja nicht sein“, habe er gedacht, mit dem Team schon Mannschaftsgold gewonnen und nun auch noch Sieger in der Einzelwertung! Als einziger Amateur unter lauter Profis gewann der 46-Jährige bei den Olympischen Reiterspielen in Hongkong zwei Mal. Es folgte: viel öffentliche Aufmerksamkeit, mit der sich Romeike arrangieren musste. „Ich möchte kein anderes Leben führen“, sagt er. „Ich bin Zahnarzt und will es auch bleiben.“ Doch nach Olympia ist sein Terminkalender übervoll. Im Mai wurde er zum Aktivensprecher des Deutschen Olympiade- Komitees für Reiterei (DOKR) bestimmt, diskutierte im Aktuellen Sportstudio die Dopingproblematik im Reitsport. Sportlich gesehen ist 2009 nicht Romeikes Jahr: Sein Erfolgspferd Marius verletzte sich im Frühling am linken Vorderbein und beginnt gerade erst wieder zu trainieren. Romeikes nächstes Ziel sind die Weltreiterspiele 2010 in Kentucky. tja

Sabine Spitz (Mountainbike) hat ihre Goldmedaille in einem Rahmen an der Küchenwand hängen, neben der Bronzemedaille aus Athen. Wenn sie nicht gerade unterwegs ist, ist das Gold so jeden Tag präsent. „Ich will nicht, dass die Medaille in irgendeinem Safe verstaubt. Wenn Freunde vorbeikommen, will ich sie zeigen“, sagt sie. Nach ihrem Sieg hat es für die 37-Jährige lange gedauert, bis sie zum Tagesgeschehen zurückkehren konnte. Ein Termin jagte den nächsten, den Spagat zum Sport zu schaffen, war nicht leicht. Heute trainiert Spitz wieder täglich. Mit dem Erfolg in Peking sind auch die Erwartungen gestiegen. Ende August steht die Mountainbike-Marathon-WM in Graz an. In den beiden vergangenen Jahren hat Sabine Spitz dort Silber geholt, jetzt möchte sie Gold.lui

Jan Frodeno (Triathlon) möchte mit nichts und niemandem mehr tauschen. Erst hat er vier Monate lang nach seinem Olympiasieg mit dem Training ausgesetzt und das Leben genossen. „Ich habe Einladungen zu Veranstaltungen angenommen, zu denen ich sonst nie gekommen wäre“, sagt er. Bei der „Nacht der Legenden“ war er, bei der Vorstellung eines neuen Sportwagens der Luxusklasse, den er einen Tag lang Probe fahren durfte. Gute Werbeverträge hat der 27-Jährige abgeschlossen, „selbst wenn ein ganz großer szenefremder Sponsor noch fehlt“. Das Jahr kommt Frodeno aber auch deshalb besonders vor, weil er viel über sich gelernt hat. „Ich bin sehr ehrgeizig“, das hat er nach dem vielen Feiern jetzt gemerkt. Das Gefühl, als Erster an einer Menschenmenge vorbei Richtung Ziel zu rennen, möchte er gerne noch häufiger erleben, zum Beispiel bei der gerade laufenden neuen Championship-Serie, dessen Gewinner sich Weltmeister nennen darf. teu

Lena Schöneborn (Fünfkampf) blickt auf ein „richtig turbulentes Jahr“ zurück. Vor allem in den ersten zwei bis drei Monaten nach ihrem Olympiasieg im Modernen Fünfkampf ist die 23–Jährige kaum zur Ruhe gekommen. „Durch meine Goldmedaille hat sich sehr viel in meinem Leben verändert“, sagt sie. Werbeverträge hat Schöneborn abgeschlossen und zahlreiche Interviews hinter sich gebracht – ohne Management geht jetzt nichts mehr.  Mit ihrer Sportart hat sie jedoch mittlerweile so ihre Probleme: Wegen einer Regeländerung fand sich die Fünfkämpferin zuletzt oft auf hinteren Plätzen wieder. Momentan bereitet sie sich auf die Weltmeisterschaft vom 13. bis 17. August in London vor. „Da stehe ich nicht mehr in der Favoritenrolle“, sagt Lena Schöneborn. Ein bisschen Wehmut ist nicht zu überhören.ks

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