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Sport: Uefa-Cup: Beharrliches Hangeln nach oben

Ganz so voll wie vor vier Wochen nimmt Christian Vieri den Mund nun doch nicht mehr. Damals hatte der Hoffnungsträger von Internazionale Mailand, beflügelt von der Euphorie über die Wiedergenesung nach langer Verletzungspause, gleich mal alle Konkurrenten aus dem Uefa-Cup "wegzuknallen" versprochen - allen voran die Deutschen.

Ganz so voll wie vor vier Wochen nimmt Christian Vieri den Mund nun doch nicht mehr. Damals hatte der Hoffnungsträger von Internazionale Mailand, beflügelt von der Euphorie über die Wiedergenesung nach langer Verletzungspause, gleich mal alle Konkurrenten aus dem Uefa-Cup "wegzuknallen" versprochen - allen voran die Deutschen. Das hat beim Hinspiel in Berlin gegen Hertha BSC (0:0) freilich ganz und gar nicht geklappt, und deshalb wehrt Vieri diesmal Fragen nach seiner Einschätzung der Chancen im morgigen Rückspiel lieber ab: "Vor dem Match darüber reden bringt Unglück."

Tatsächlich findet das Duell des Mailänder Traditionsvereins mit dem Bundesliga-Tabellenführer aus Berlin in einer Phase des ständigen Auf und Ab des einst so glorreichen dreizehnmaligen Italienischen Meisters statt. Da wechseln sich blamable Niederlagen wie die gegen den Provinzverein aus Perugia, ein gerade noch in die Kabinen gerettetes Unentschieden gegen Vicenza und eine unglaubliche 1:6-Totalpleite im Pokal gegen Parma ab mit einer hochklassigen Aufholjagd gegen den bereits zu Beginn des Spiels am vorigen Sonntag mit 2:0 in Führung gegangenen Angstgegner Juventus Turin.

Massimo Moratti, Eigner von Inter Mailand, verdrängt die Zitterpartien, versucht sein immer etwas melancholisches Gesicht mit einem freudigen Blinzeln zu erhellen und macht sich und den Spielern Mut: "So wie heute", meinte er nach dem Unentschieden gegen Juventus, "und wir werden im Uefa-Pokal sicher weiterkommen." Sein Trainer Marco Tardelli nickt zwar und schließt sich dem intern verordneten Optimismus an, macht aber dennoch gleich wieder ein bedenkliches Gesicht: "Wenn die Jungs nicht lernen, Flügelwechsel und schnelle Konter in großer Zahl durchzuführen, haben wir noch eine lange Durststecke vor uns." Denn dass Juventus Turin derzeit kein wirklicher Maßstab für Qualität ist, betonen nicht nur die Kommentatoren - ein magerer sechster Platz in der Tabelle, mehr aber noch die blank liegenden Nerven der Spieler, die Eigentore schießen, handgreiflich werden und reihenweise Rot sehen, offenbaren die Krise des Rekordmeisters nur allzu deutlich.

Wie dem auch sei: Inter hangelt sich derzeit beharrlich nach oben, hat nun den neunten Platz erreicht - nachdem man bereits auf dem vierzehnten gelandet war - und möchte mit einem guten Heimspiel gegen Hertha die vielen enttäuschten Fans wieder versöhnen, die seit dem Totalausfall des Fußballwunders Ronaldo monatelang von immer leereren Rängen auf die Stocherei der Mannschaft herunterstarrten. Ein wenig Mut macht den Kickern, dass die Tifosi in den letzten Wochen ihre harten Polemiken eingestellt haben und die Mannschaft nun mit Zuspruch begleiten. Dass man gegen Juve "nur" ein Unentschieden erreicht hat, kreiden denn auch alle nicht der Unaufmerksamkeit der Inter-Spieler zu Beginn der Partie an, sondern dem Schiedsrichter, der zu Unrecht einen Kopfballtreffer Vieris annulliert hat. Aber so richtig ärgern kann man sich darüber auch nicht - das Glück, wieder irgendwie im Aufwind zu sein, überlagert alles. "Mal sehen, ob die Tendenz auch hält", fleht Tardelli mit Blick zum Himmel, und die Fans haben ihre neue Wertschätzung für den Trainer gar in ein Wortspiel umgewandelt: Aus dem Sinnspruch "meglio tardi che mai", lieber spät als gar nicht, haben sie "meglio Tardelli che mai" gemacht.

Tatsächlich interessiert den Verein derzeit der laufende Uefa-Pokal lange nicht so sehr wie der interne Standort des Klubs. Ein stabiler vierter oder fünfter Platz in der Tabelle würde für Moratti und Tardelli mehr zählen als der Einzug ins Finale dieses internationalen Wettbewerbs. Insofern muss Hertha BSC denn auch mit einer veränderten Situaton beim Gegner rechnen: Unterstützt wieder mehr von einer aufmunternden Zuschauerkulisse in San-Siro-Stadion, wird Inter deutlich größeres Selbstbewusstsein als vor vierzehn Tagen und Zähigkeit auch nach einem eventuellen Rückstand zeigen.

Doch gleichzeitig werden der Trainer und seine Spieler wohl in Gedanken eher schon beim schweren Spiel gegen Florenz am nächsten Sonntag sein, und das könnte ein weiteres Mal fatal für die gebeutelte Mannschaft werden.

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