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Pragmatisch ist nicht nur sein Haarschnitt. Der Slowene Ceferin verspricht mehr Transparenz in der Uefa.

© AFP

Uefa-Präsidentenwahl: Aleksander Ceferin: Quereinsteiger mit Fragezeichen

Aleksander Ceferin ist der neue starke Mann der Uefa. Kann er das Vertrauen in den angeschlagenen Verband wiederherstellen?

Von Johannes Nedo

Den Moment des Triumphs genoss Aleksander Ceferin ohne großen emotionalen Ausbruch. Als der Slowene als Gewinner der Wahl des neuen Uefa-Präsidenten verkündet wurde, erhob er sich aus einer der letzten Reihen, schritt langsam auf die Bühne des Konferenzsaals im edlen Athener Hotels Grand Resort Lagonissi und sagte zu den Delegierten des Wahlkongresses: „Meine Familie ist stolz auf mich. Mein kleines, schönes Slowenien ist stolz auf mich. Und ich hoffe, dass auch Sie eines Tages stolz auf mich sein werden.“

Am Mittwoch wurde Ceferin zum siebten Präsidenten des europäischen Fußball-Verbands gewählt. Der 48-Jährige setzte sich mit überwältigender Mehrheit gegen seinen Konkurrenten Michael van Praag aus den Niederlanden durch. Der Chef des slowenischen Verbands erhielt 42 Stimmen. Von den 55 Mitgliedsverbänden der Uefa votierten lediglich 13 für van Praag. Ceferin übernimmt nun mit einem starken Mandat für mindestens zweieinhalb Jahre den Chefposten, es ist die verbleibende Amtszeit seines mittlerweile gesperrten Vorgängers Michel Platini.

Seines Sieges war sich Ceferin offenbar schon vor Beginn des Kongresses sicher. Kurz nachdem er den Saal betreten hatte, grüßte er andere Verbandspräsidenten, indem er ihnen salutierte. Auch in seiner Wahlrede warb Ceferin selbstbewusst für sich. „Ich möchte der zugänglichste Uefa-Präsident aller Zeiten sein“, betonte er. Der Rechtsanwalt ging dabei auch auf Kritikpunkte an ihm ein. Den Vorwurf, er sei mit seinen 48 Jahren zu jung und zu unerfahren, konterte er: „Das ist ein Mangel an Respekt der kleinen Verbände, die immer mehr mit immer weniger Mitteln leisten müssen.“

Sehr selbstsicher und kontrolliert wirkte der sehnige Ceferin während des Kongresses. „Ich bin kein Showman und habe kein Ego-Problem“, sagte er in sich ruhend. „Ich bin kein Träumer, sondern ein Pragmatiker.“ Kritik an der zuletzt nahezu handlungsunfähigen Uefa ließ er lediglich zwischen den Zeilen anklingen. „Wir sind alle der aktuellen Situation überdrüssig“, betonte Ceferin. Nun blase mit ihm der „wind of change“, der Wind des Wandels.

Auf diesen Wandel setzt auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der für Ceferin gestimmt hatte. „Wir wünschen uns eine neue Dynamik von außerhalb des Uefa-Exekutivkomitees“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Dies gab wohl bei vielen Verbänden den Ausschlag pro Severin. Sein 68 Jahre alter Kontrahent van Praag gehört dem obersten Uefa-Gremium bereits seit sieben Jahren an.

Die Uefa kommt derzeit hinkend daher

In dieser Zeit haben sich viele Mitglieder des Exekutivkomitees den Ruf erarbeitet, in einem Elfenbeinturm über den Nationalverbänden zu schweben und diese immer weniger einzubinden. Etwa kürzlich bei der Reform der Champions League, die besonders zu Gunsten der größten und reichsten Verbände ausfiel.

Derzeit kommt die Uefa, die vor einem Jahr unter Platini noch vor Kraft strotzte, hinkend daher. Dass zeigte auch der skurrile Auftritt des Franzosen. Der 61-Jährige, der für vier Jahre von allen Fußballaktivitäten gesperrt ist, weil er vom früheren Fifa-Präsidenten Joseph Blatter eine dubiose Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken erhalten hatte, durfte trotzdem in Athen sprechen. Gleich zu Beginn des Kongresses schwafelte er von der Schönheit des Fußballs, der in der Savanne und der Steppe gespielt werde, betonte aber zudem: „Ich habe ein reines Gewissen. Ich habe keinen Fehler gemacht.“ Nach seiner kurzen Rede öffnete sich rechts von ihm eine Saaltür und begleitet von warmem Applaus ging Platini ab. Kritik an seinem Auftritt äußerten nur wenige Verbandschefs, und das meist nur hinter vorgehaltener Hand.

Auch Platinis einstige rechte Hand wandte sich mit einer Ansprache an die Delegierten: Gianni Infantino, der als Fifa-Präsident nun der mächtigste Fußballfunktionär der Welt ist. Der Schweizer maß dieser Wahl eine hohe Bedeutung zu. „Es ist der Beginn eines neuen Kapitels“, sagte er. „Das Blatt muss sich wenden.“

Es gibt auch wirklich viel zu tun für Ceferin. Bei der Uefa ist einiges liegengeblieben. Schließlich war der Verband fast ein Jahr sowohl ohne Präsidenten, aber auch ohne den Generalsekretär Infantino. Dabei müssen zahlreiche Probleme angegangen werden. Ceferin zählte sie bei seiner Pressekonferenz nach dem Kongress selbst auf: Rassismus, Spielmanipulation, Doping, der Hooliganismus.

Ceferin wird einen schweren Start haben. Bei der Uefa gibt es in mächtigen Positionen noch viele Anhänger Platinis, und die würden am liebsten alles so belassen, wie es unter dem Franzosen war, kaum durchschaubar. „Platini war ein echter Anführer. Ihm nun nachzufolgen, wird sehr schwer“, sagte ein Mitglied des Exekutivkomitees dem Tagesspiegel.

So trauen derzeit noch nicht alle innerhalb der Uefa Ceferin zu, alle seine Reformideen für mehr Transparenz und weniger Klüngelei durchzusetzen. Denn an einigen Stellen sitzen noch die falschen Leute.

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