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Das war's noch nicht. Es bestehen praktisch keine Zweifel daran, dass Hoeneß heute von den Bayern-Mitgliedern gewählt wird. Er ist der einzige Kandidat.

© AFP

Update

Uli Hoeneß und Bayern München: Die emotionale Eminenz kehrt zurück

Die Mitglieder des FC Bayern werden heute wohl Uli Hoeneß wieder zum Vereinspräsidenten wählen. In der momentanen Krise wird seine Führungsstärke dringend gebraucht.

Uli Hoeneß hat das Debakel von der Ferne aus verfolgt. Vielleicht saß er am frühen Mittwochabend, als der FC Bayern das Champions-League-Spiel in Rostow 2:3 verlor, in seinem Wohnzimmer über dem Tegernsee, vielleicht woanders, aber ganz bestimmt vor einem Fernseher. Es war der letzte Auftritt der Münchner vor der Jahreshauptversammlung, die dieses Mal eine ganz besondere Bedeutung hat. Uli Hoeneß kehrt als Präsident zurück. Sofern ihn die Mitglieder wählen, aber daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Er wird also am Freitagabend wieder jenen Posten von Karl Hopfner übernehmen, den er im Frühjahr 2014 nach seiner Verurteilung zu einer Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung von mindestens 28,5 Millionen Euro an seinen ehemaligen Vize übergeben hat, übergeben musste.

Jetzt mag es rund um den Verein Menschen geben, die sagen, das Comeback jenes Mannes, der den FC Bayern wie kein anderer prägte, der finanziell immer und sportlich sehr oft die richtigen Weichen stellte, komme zur richtigen Zeit. Einer davon ist der frühere Bayern-Trainer Pep Guardiola. Der Spanier führte in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" allerdings vor allem persönliche Gründe an, weshalb die Wiederwahl des 64-Jährigen seiner Meinung nach richtig ist: „Es macht mich sehr glücklich, zu sehen, dass Uli zurückkehrt. Schon, weil ich weiß, dass er zu Hause bloß die Möbel auffressen würde, und es sicher auch seiner Frau guttun wird, dass er wieder an die Spitze des FC Bayern zurückkehrt.“

Hoeneß kommt zu einem schwierigen Zeitpunkt zurück an die Spitze der Bayern. Zum ersten Mal seit dem verlorenen Champions-League-Finale daheim 2012 befinden sich die Bayern wieder in einer größeren Krise, die womöglich nicht allein an Ergebnissen festzumachen ist, nicht an den verlorenen Spielen in Dortmund und beim russischen Außenseiter in Rostow, sondern an Fehlern im System.

Der sportliche Abwärtstrend nach dem Traumstart mit acht Pflichtspielsiegen unter Trainer Carlo Ancelotti ist nicht zu übersehen. In der Champions-League-Gruppe ist vor dem letzten Spiel gegen Atlético Madrid Platz eins nicht mehr zu erreichen, in der Bundesliga stehen die Bayern vor dem Heimspiel am Samstag gegen Bayer Leverkusen am unter Druck. „Unser Problem ist, dass wir zu sorglos sind“, sagte Kapitän Philipp Lahm. „Wir müssen Dinge einfach ändern.“

Früher hat sich Hoeneß in solchen Phasen in Stellung gebracht, manchmal mit Ablenkungsmanövern, manchmal mit einem reinigendem Donnerwetter. Zwar hat der Präsident offiziell nichts mit dem Profiteam zu tun, er kümmert in erster Linie um die Nebenabteilungen. Aber zum einen ist es sehr wahrscheinlich, dass Hoeneß im Januar auch wieder den Vorsitz des Aufsichtsrates übernehmen wird – trotz der Bedenken, einem vorbestraften Mann an die Spitze eines Gremiums mit Managern börsenorientierter Unternehmen zu stellen. Damit hätte er als Kontrollorgan wieder etwas mehr Einfluss aufs operative Geschäft.

Und bei Hoeneß, da ist sich Marko Pesic sicher, reiche allein die Anwesenheit, um Dinge wieder ins Lot zu bringen. „Seine Persönlichkeit motiviert jeden einzelnen“, sagt der Geschäftsführer von Bayerns Basketball-Abteilung. Womöglich genügt Hoeneß auch, um die Fußballstars aufzurütteln. „Ich weiß nicht, ob das einen Push gibt“, sagte Lahm. Aber Hoeneß’ Comeback bewirke sicherlich, „positiv in die Zukunft zu blicken“.

Die Emanzipation von Hoeneß ist nur bedingt gelungen

Außerdem gibt es bei der Interpretation des Aufgabenbereiches Spielraum, das weiß auch Karl-Heinz Rummenigge. „Ich bin sicher kein Prophet“, sagt der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, „wenn ich vorhersage, dass Uli seine Rolle aktiver ausüben wird als Karl Hopfner“ – und mitdiskutieren wird, wenn es um wichtige Entscheidungen im Tagesgeschäft geht.

Rummenigge hatte in den vergangenen beiden Jahren versucht, sich von Hoeneß zu emanzipieren, aber das ist ihm nicht auf allen Gebieten gelungen. Das Vakuum, das Hoeneß hinterließ, war mal weniger, mal mehr zu spüren. Wie im Moment , zumal nach dem Rückzug von Matthias Sammer im Sommer die Rolle eines Managers unbesetzt ist, ganz bewusst, weil die wohl spätestens im übernächsten Jahr Philipp Lahm übernehmen soll.

Vieles, was in seiner Abwesenheit passierte, dürfte Hoeneß nicht gefallen haben. Der FC Bayern hat die Internationalisierung ohne ihn noch weiter vorangetrieben – und noch weiter entfernt von jener Klub-Philosophie, für die der frühere Manager stand und immer noch steht. Bei aller Kommerzialisierung legte Hoeneß stets größten Wert auf das Wohlergehen des Einzelnen und auf die Tradition. Ausbau zum Weltkonzern und Beibehaltung eines familiären Vereinslebens ist für ihn kein Widerspruch. Hoeneß hatte immer ein offenes Ohr für die Sorgen der Spieler.

Rummenigge genießt bei seinen Kollegen in Europa großes Ansehen, er hat sich um die wirtschaftliche und auch sportliche Entwicklung des FC Bayern verdient gemacht, aber Empathie ist nicht seine Stärke. Den Wechsel Bastian Schweinsteiger moderierte Rummenigge geschäftsmäßig und kühl, zu kühl. Und Mario Götze drängte er in diesem Sommer mehr oder weniger, den Verein zu verlassen.

Uli Hoeneß, sagt Rummenigge, „wird sicher wieder ein emotionaler Faktor sein“. Als Vereins-Patron, auch ohne offiziellen Einfluss aufs Tagesgeschäft.

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