zum Hauptinhalt

Ullrich unter Dopingverdacht: "Radfahren ist vorbei"

Der unter Doping-Verdacht stehende Radprofi Jan Ullrich wird nach Ansicht von Sportrechtler Michael Lehner nie mehr Radrennen fahren. "Es sieht schlecht aus", meint Lehner.

Berlin/Heidelberg - Sportrechtler Michael Lehner, der in Doping-Prozessen Olympiasieger Dieter Baumann und Radprofi Danilo Hondo vertrat, glaubt nicht mehr an ein Comeback Jan Ullrichs. "Radfahren ist vorbei", sagte der Heidelberger Fachmann über die Aussichten des in die Doping-Affäre Fuentes verstrickten ehemaligen T-Mobile-Kapitäns, sportlich zurückzukehren. Lehner vertritt die Interessen des Anti-Doping-Experten Werner Franke in der Auseinandersetzung mit Ullrich, dem die Staatsanwaltschaft Hamburg Falschaussage in Zusammenhang mit den Doping-Anschuldigungen vorwirft.

Es würde laut Lehner "noch Monate dauern", bis entschieden ist, ob in Hamburg und im Betrugsverfahren der Bonner Staatsanwaltschaft Anklage gegen Ullrich erhoben werden kann. Ein drittes Verfahren könnte dem 32-Jährigen vom Schweizer Radsport-Verband Swiss Cycling drohen, der als ehemaliger Lizenzgeber zuständig ist, weil der gebürtige Rostocker seit Jahren in Scherzingen/Schweiz wohnt. Das Ullrich-Umfeld beteuert regelmäßig, der Tour-de-France-Sieger von 1997 trainiere und sei auf der Suche nach einem Team. Trotzdem sprechen die Realitäten eindeutig gegen eine Rückkehr. Die einstige Lichtgestalt der deutschen Radsport-Fans ist weiter ohne gültige Profi-Lizenz und Arbeitgeber.

"Die Domino-Steine fallen"

Der Zeitpunkt sei für Ullrich laut Lehner verstrichen, noch einigermaßen schadlos aus der Affäre heraus zu kommen. "Es sieht schlecht aus. Die Domino-Steine fallen", sagte Lehner, der Ullrich früh den "Gang nach vorn" und ein anderes Krisen-Management empfohlen hatte. Die Abgabe der Speichelprobe in Konstanz durch Ullrich bei gleichzeitiger Blockierung einer vorher in der Schweiz abgegebenen Speichelprobe durch seine Anwälte wertete Lehner nicht unbedingt als Bereitschaft, den Fall tatsächlich voranzubringen: "Er hätte sonst bei der Einreise nach Deutschland mit Zwangsmitteln rechnen müssen."

Ullrichs Anwälte hatten der Bonner Staatsanwaltschaft in einem Schreiben vom 22. Januar die Bereitschaft ihres Mandanten zur Speichelabgabe in Deutschland mitgeteilt. Gleichzeitig blockierten sie durch Widerspruch die Weitergabe einer den Schweizer Behörden bereits vorliegenden Probe im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens. Durch diese Maßnahme sollte laut Anwalt Johann Schwenn die Weitergabe privater Unterlagen verhindert werden, die bei der Hausdurchsuchung im September in der Ullrich-Villa in Scherzingen sichergestellt worden waren.

43 von 51 mutmaßlichen Fuentes-Kunden fahren angeblich wieder

Ullrich hat laut Lehner das Pech, die öffentliche Meinung in Deutschland gegen sich zu haben. Außerdem werde gegen ihn als einzigen der verdächtigten Profis strafrechtlich ermittelt. Von den 51 Rennfahrern, die zu den Kunden des Mediziners Eufemanio Fuentes gerechnet werden, fahren 43 Profis in der gerade begonnenen Saison weiterhin Rennen. Das errechnete der Internetanbieter "Radsport-News".

Fünf mutmaßlichen Fuentes-Kunden - an der Spitze Ivan Basso - gelang es sogar, bei ProTour-Teams unterzukommen, was die Mehrheit der Mannschaften mit ihrem Ethik-Code eigentlich verhindern wollte. Arbeitslos sind von den Verdächtigten derzeit neben Ullrich nur der Spanier Ruben Plaza und der Ansbacher Jörg Jaksche. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false