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Sport: Umgehoben

Statt Olympiasieger Hettich startet heute ein 18-Jähriger bei der WM der Nordischen Kombinierer

Björn Kircheisen hat schon genau gewusst, wer hinter ihm stand, als er lobte, dass „der Kleine gut gesprungen“ sei. Gemeint war Eric Frenzel, der sich an den Ton bei den Nordischen Kombinierern schon gewöhnt hat. Mit Kircheisen flachst er regelmäßig, „nur bei Ronny traue ich mich nicht“ aus Respekt vor dem Doppel-Weltmeister Ackermann. Aber ansonsten ist Frenzel bestens integriert im deutschen Team und seit gestern noch ein bisschen mehr. Da sicherte sich der Sachse den letzten freien Platz für den heutigen Sprint-Wettbewerb und verdrängte den zuletzt wenig erfolgreichen Georg Hettich.

Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil der erst 18-jährige Frenzel eigentlich bloß als Hospitant in Sapporo vorgesehen war, der bei seiner ersten WM für die Zukunft lernen sollte. Nun ist er gleich zum WM-Teilnehmer aufgestiegen, auf Kosten des elf Jahre älteren Olympiasiegers. Heute und am Sonntag im Team wird Hettich definitiv zuschauen, ein Einsatz am nächsten Samstag ist offen. Die Befürchtung bestand schon länger, dass die WM für Hettich keinen Wendepunkt in dieser enttäuschenden Saison darstellen würde. Gehofft hatte er dennoch bis zuletzt, weil die Schanzen in Sapporo dem Schwarzwälder eigentlich liegen. Im Training dachte Bundestrainer Hermann Weinbuch zunächst auch, „der Schorsch hätte es gepackt, aber dann hat er wieder ein, zwei Schritte rückwärts gemacht“. Richtig stabil wurde Hettich nie, das sah er selber ein: „Ich hatte keinen Plan, damit es selbstverständlich läuft.“ Parallel dazu wurde Frenzel immer sicherer, bis er gestern schließlich im Training zweimal die Bestweite sprang.

Sein erstes Interview in Sapporo begann er anschließend mit den Worten: „Ja, ich bin der Eric Frenzel.“ Selbst die Eckdaten seines Sportlerlebens sind noch weitgehend unbekannt: 18 Jahre, 172 Zentimeter klein, 55 Kilo leicht und für Sprungtrainer Andreas Bauer der typische Vertreter „der neuen Generation, die im Skispringen für Furore sorgt“. Auf der Schanze trauen seine Trainer dem Oberwiesenthaler schon jetzt Großes zu, aber das soll ihn nicht unter Druck setzen. „Er soll hier seinen Spaß haben“, lautet Weinbuchs Auftrag. Ernst wird es früh genug. Drei Jahre, so Weinbuchs Erfahrung, braucht ein Nachwuchskombinierer, um sich zu etablieren. Bei Olympia 2010 soll Frenzel so weit sein.

Heute wird es auf andere ankommen. Kircheisen attestiert der Bundestrainer „eine Superform“, Ackermann ist nicht weit entfernt, und auch Sebastian Haseney, der die Saison stark begonnen und mäßig fortgesetzt hatte, „hat die Kurve noch gekriegt“. Im Training flog der herausragende Läufer, aber unsichere Springer ähnlich weit wie die Mitfavoriten Manninen und Moan.

Georg Hettich wird sich die Entscheidung vor Ort anschauen. Einen geschenkten WM-Start hat er nie gewollt, nun mag er nicht drüber klagen, dass er tatsächlich kein Geschenk bekommen hat. Denn das wäre es gewesen. In seiner unsicheren Verfassung „bist du ruckzuck auf Platz 30, und das ist nicht mein Anspruch“.

Seine Kolumne im „Südkurier“ wird er weiter schreiben. Er habe ja jetzt genügend Zeit. Ein schönes Erlebnis hielt der Tag dann aber doch noch für ihn parat. Bei der Eröffnungsfeier trug Georg Hettich die deutsche Fahne.

Marc Beyer[Sapporo]

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