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Sport: Umstrittene U-Haft

Immer mehr Beschuldigte werden festgenommen – wichtige Fragen und Antworten zum Wettskandal

Ist die Entscheidung vom Donnerstag ungewöhnlich, Schiedsrichter Dominik Marks in U-Haft zu nehmen?

Zweifellos. Für den Berliner Strafverteiddiger Ralf-Peter Richter ist diese Maßnahme „überaus strittig und sehr übertrieben“. Denn im Gegensatz zur zuständigen Ermittlungsrichterin sieht der Jurist die Voraussetzungen für eine Untersuchungshaft nicht. Marks habe sowohl einen festen Wohnsitz als auch soziale Bindungen. Zudem werde diese Haft normalerweise nur verhängt, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit eine Freiheitsstrafe zu erwarten sei. Marks aber, dem erheblich weniger vorgeworfen werde als Hoyzer, würde wahrscheinlich mit einer Bewährungsstrafe davonkommen, sofern er überhaupt verurteilt würde. „Bislang bestreitet er alles, und so gilt die Unschuldsvermutung“, sagt Richter. Zudem sei Hoyzer aufgrund der bisherigen Erfahrung nicht sonderlich glaubwürdig.

Wie glaubwürdig ist der Zeuge Robert Hoyzer?

Zumindest sind Zweifel angebracht. Hoyzer bestritt erst jede Beteiligung an Manipulationen. Dabei war er so überzeugend, dass auch sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner von seiner Unschuld überzeugt war. Zwei Tage später legte Hoyzer ein Geständnis ab. Angeblich legte er dann vor der Staatsanwaltschaft alles offen. Dass es aber auch vor dem Regionalligaspiel Chemnitz gegen Sachsen Leipzig zu einem Manipulationsangebot gekommen war, gab er erst zu, nachdem Zeitungen darüber berichtet hatten. Hoyzer hatte auch erklärt, er habe „gehört“, dass auch Bundesliga-Schiedsrichter Jürgen Jansen in Manipulationen verwickelt sei. Jansen wehrte sich in einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz. Bislang ist ihm kein Fehlverhalten nachzuweisen. Nach Angaben von Hoyzer gegenüber der Staatsanwaltschaft habe Marks auch versucht, den Berliner Schiedsrichter Felix Zwayer für Manipulationen anzuwerben. Zwayer bestreitet vehement diese Vorwürfe. Bislang gibt es keinen Beweis für Hoyzers Aussagen, die Zwayer betreffen. Andererseits hielt eine Haftrichterin Robert Hoyzer nach weiteren Aussagen für so glaubhaft, dass sie ihm Haftverschonung gewährte. Hoyzer habe „Angaben hinsichtlich sämtlicher von ihm gepfiffener Spiele ergänzt“.

Warum durfte Dominik Marks das Regionalliga-Spiel zwischen Hertha BSC Amateure und Arminia Bielefeld leiten, obwohl er in Berlin wohnt?

Weil Marks für den Landesverband Sachsen-Anhalt antritt. Marks stammt aus Lüderitz bei Stendal, er pfeift in der Regionalliga offiziell deshalb für den dort zuständigen Landesverband. Dass er in Berlin wohnt, spielte für den Verband keine Rolle, weil er in Berlin nur studiert hatte. Allerdings gilt auch die Regel: Ein Unparteiischer darf kein Regionalliga- oder Oberligaspiel pfeifen, wenn eine der Mannschaften aus seinem Landesverband kommt. Da Bielefeld nicht im Landesverband Sachsen-Anhalt liegt, war es kein Problem, Marks einzusetzen. „Entscheidend für die Einstufung in einen Landesverband ist die Tatsache, wo der Hauptwohnsitz ist“, sagt Wilfried Riemer, Leiter des Spielbetriebs im Nordostdeutschen Fußball-Verband. „Marks ist erst im vergangenen Jahr mit seinem Studium fertig geworden. In diesem Jahr hätte sich dann die Frage nach seinem Landesverband gestellt.“ Marks wäre wohl zum Landesverband Berlin gekommen.

Warum sind die Gebrüder S., die mit hohen Wetten von Manipulationen profitiert haben sollen, immer noch in Haft?

Weil der Haftrichter bei den kroatischen Brüdern offenbar eine größere Fluchtgefahr sieht als bei Hoyzer. Sie haben enge Verbindung ins Ausland. Hoyzer musste zwar seinen Reisepass und seinen Personalausweis abgeben, damit eine Flucht erschwert wird. Aber anders als die Gebrüder S. hat er umfassend ausgesagt, so dass Staatsanwaltschaft und Gericht keine Fluchtgefahr sehen. Robert Unger, der Anwalt des inhaftierten Filip S, bekräftigt dagegen gegenüber dem Tagesspiegel, dass er die Untersuchungshaft für seinen Mandanten als „absurd“ betrachte. Dringender Tatverdacht bestehe, „obwohl die Staatsanwaltschaft sich offensichtlich nur auf die Aussagen Hoyzers stützt“. Dabei habe Hoyzer am Anfang des Wettskandals tagelang nicht die Wahrheit gesagt.

Warum sitzt Tomislav C., der Geschäftsführer des Café King, jetzt doch in Untersuchungshaft?

Der 21-Jährige wurde zwar schon einmal vorläufig festgenommen, kam dann aber schnell frei. Inzwischen hat sich offenbar nach Hoyzers Aussagen der Verdacht gegen Tomislav C. so verstärkt, dass das Gericht jetzt auch bei ihm Fluchtgefahr sieht. Axel Weimann, der Verteidiger von Tomislav C., sagte: „Dieser Haftbefehl ist nicht nachvollziehbar.“ Sein Mandant wisse, dass er seit Beginn des Wettskandals als Beschuldigter gilt. Dennoch sei er nicht geflüchtet. „Er ist nicht mal zur Beerdigung seines Großvaters nach Kroatien geflogen.“ Weimann erklärte dem Tagesspiegel auch: „Mein Mandant war nie Geschäftsführer.“ Er habe nur Einkäufe erledigt und die Türen auf- oder zugeschlossen.

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