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Sport: Und heute soll sich der Kreis schließen

DÜSSELDORF .Bei einem Boxer müsse man tief in die Seele vordringen, "so wie bei der Eroberung einer Frau", sagt Hans-Ullrich Wegner.

DÜSSELDORF .Bei einem Boxer müsse man tief in die Seele vordringen, "so wie bei der Eroberung einer Frau", sagt Hans-Ullrich Wegner.Und Wegner, seit Jahr und Tag verheiratet, hat seine Qualitäten zum Beruf gemacht.Der Boxtrainer aus dem Berliner Osten zählt neben Manfred Wolke und Fritz Sdunek zu den Großen der Zunft.Zwar fehlen ihm bei den Profis noch die geschichtsträchtigen Erfolge, wie sie Manfred Wolke beispielsweise mit Henry Maske und Sdunek mit Dariusz "Tiger" Michalczewski feierten, doch kann der 56jährige heute abend zu ihnen aufschließen.In der Düsseldorfer Philipshalle sekundiert er dem gebürtigen Spandauer Sven Ottke, der den Amerikaner und IBF-Weltmeister im Supermittelgewicht, Charles Brewer, herausfordert.Für "Svennie" ist dies die erste große Chance, seit seinem Übertritt ins Profilager ins Rampenlicht der auch vom Fernsehen umworbenen (und dementsprechend entlohnten) Faustkämpfer zu rücken.

Wegner, der im Kriegsjahr 1942 in Stettin geboren wurde, in Rostock mit dem Boxen begann, über Erfurt und Gera schließlich als Trainer nach Berlin gekommen war, weiß, daß er gerade wegen seiner Erfolge im Amateurbereich geholt wurde.Bis zu seinem Wechsel ins Profilager nach den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta gewannen unter seiner Regie die Berliner Amateurboxer insgesamt 25 Medaillen bei Olympischen Spielen, bei Weltcup-Turnieren sowie bei Welt- und Europameisterschaften.

An dieser in Deutschland einzigartigen Bilanz wird der diplomierte Sportlehrer Wegner nun natürlich auch bei den Berufsboxern gemessen.Und Wegner stellt sich dieser Herausforderung."Ich bin nicht hier, um nur irgendwie über die Runden zu kommen.Ich habe die Motivation, Weltmeister zu machen", sagt Wegner.Das heiße jedoch keinesfalls, daß er womöglich auf die Erfahrungen gestandener Profitrainer pfeife."Es wäre vermessen, wenn ich sage, daß ich es allein schaffe.Aber mein Bestreben geht dahin, möglichst einen eigenen Stil zu entwickeln."

Profitiert haben davon bereits einige deutsche Boxer.Als jüngstes Beispiel dafür steht Torsten May.Der noch vor einem Jahr im Boxring gegen einen boxerisch schwächeren Mann namens Angehrn aus der Schweiz haushoch führende Frankfurter gab kurz vor Ende des Kampfes auf.Der ehemalige Amateurweltmeister und Olympiasieger Torsten May war damals einem solchen Wettkampf vor allem von der Psyche her nicht mehr gewachsen.Trainer Wegner nahm sich vor knapp zwei Monaten seiner an.Und vor zwei Wochen feierte May in Wien ein beachtliches Comeback, das wieder auf eine sportliche Zukunft hoffen läßt.

"Meine Boxer sollen aus einer sicheren Verteidigung heraus einen Kampf gestalten", erzählt Hans-Ullrich Wegner."Wichtig dabei ist aber, daß man individuell auf jeden Typ eingeht und ich mein Konzept dem Talent und den Anlagen des Boxers unterordne."

Heute soll sich in Düsseldorf in gewisser Weise der Kreis schließen.Ottke wurde unter Wegner 1991 erstmals Europameister, nachdem dieser das Training des Spandauers total umgekrempelt hatte.1996 wiederholten beide diesen Erfolg."Mit Svennie bekam ich die Chance meines Lebens, konnte endlich beweisen, was ich leisten kann", sagte einst Wegner.Und Ottke: "Unter Wegner bin ich menschlich und sportlich gereift." Heute nun soll Sven Ottke der erste Box-Weltmeister Wegners werden.

Wegners Ideal als Boxer am dichtesten sei Henry Maske gekommen."Er war in der Lage, seine Fehler am wirksamsten zu bekämpfen", sagt Wegner.Und dann noch etwas: "Meine Aufgabe ist es, Fehler bei meinen Jungs aufzuspüren und zu überwinden.Denn in jedem Menschen steckt etwas Großes."

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